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Der Antichrist oder das Tier aus dem Abgrund (Apk. 13)

Inhaltsübersicht (Springen durch Anklicken)
>>> Karriere eines Begriffs
>>> 1. Die Herrschaft Christi und die realen Herrschaften
>>> 1.1. Geschichte des Königtum Gottes und seiner Gegenreiche
                Das Danielbuch , Jesus ein Apokalyptiker?
>>> 1.2. Der Aufhalter und der Widersacher bei Paulus
>>> 1.3. Das Tier aus dem Abgrund (Apokalypse 13)
>>> 2. Das Tier als Antichrist: Deutungen
>>> 2.1. Vom Dualismus Gott – Satan
>>> 2.2. Religionsgeschichtliche Herkunft des Antichristen
>>> 2.3. Zeitgeschichtliche Bezüge
>>> 2.4. Vom übergeschichtlichen Gehalt des Bildes vom Antichristen
>>> 2.5. Der Antichrist leugnet den Sohn und den Vater
Anhang:
>>> 3. Der Antichrist (Aphoristisches vom 29.12.2007)
>>> 4. Mailanfrage und Antwort zum Antichristen
tier_antichrist
Das Tier aus dem Abgrund
Apokalypse 13)
von Karl Rössing
(1897 - 1987)

Zur Macht der Schlange in der Schöpfung siehe auch >>> unter Intermediarius

Im Zusammenhang der Johannesoffenbarung muss auch vom Antichristen gesprochen werden, obwohl der Begriff dort nicht vorkommt. Nur im 1. Johannesbrief 1, 18–27 ist vom Antichristen die Rede, und zwar so, dass damit eher eine innergemeindliche Grösse gemeint ist, eine Kraft in der Gemeinde, welche die Sohnschaft Gottes leugnet und Jesus nicht als Christus bekennt. Auch ist vom Antichristen im Plural die Rede:

«Kinder, die letzte Stunde ist da, Ihr habt ja gehört, dass ein Antichrist kommt. Jetzt aber sind viele Antichristen aufgetreten; daran erkennen wir, dass die letzte Stunde da ist. Aus unserer Mitte sind sie hervorgegangen, aber sie gehören nicht zu uns … Wer ist ein Lügner, wenn nicht der, der leugnet, dass Jesus der Christus ist? Der ist der Antichrist: Wer den Vater und den Sohn verleugnet. Jeder, der den Sohn leugnet, hat aber den Vater nicht. …»

Karriere eines Begriffs

Trotz dieser einzigen Belegstelle machte der Begriff «Antichrist» Karriere. Im Johannesbrief wurde der «Antichrist» schon als bekannte Grösse vorausgesetzt. So muss er sich schon vorher verbunden haben mit andern Motiven der Schrift oder mit mündlichen Traditionen, welche von dem sprechen, was die Herrschaft Christi hindert. Vor allem wurde er in der frühen Kirche in Verbindung gebracht mit den beiden Tieren aus dem Abgrund, von denen die Apokalypse des Johannes im 13. Kapitel berichtet. Der Antichrist (wörtlich: Widerchrist) wird damit zu einer Inkarnation Satans, der das, was zu Christus gehört, okkupieret, sich an Christi Stelle drängt und die Menschen in einem Gegenreich sammelt, welches sich dem  Kommen des Gottesreiches entgegenstellt.
In der alten Kirche wurden allerlei Spekulationen über die Herkunft und das Wesen des Antichristen angestellt –  auch das ganze Mittelalter hindurch teils mit abstrusen magischen oder antijudaistischen Vorstellungen. Ich versichte darauf, diese Ansichten zu referieren: >>> siehe auch Wikipedia
Luther sah im Papsttum und teils auch im Mohamed den Antichristen, pietistische oder konservative Kräfte haben später die moderne gottlose Wissenschaft und den Säkularismus damit in Beziehung gebracht. Auch in der Freimaurerei, in Napoleon, in einer angeblichen jüdischen Weltverschwörung, im Sozialismus oder Kommunismus und im Nationalsozialismus wurde das Wirken des Antichristen gesehen. Heute gehen die Spekulationen weiter: der Antichrist ist wirksam in der Macht des Geldes, der Weltwirtschaft, im radikalen politischen Islam, in den Medien, in der UNO, im Satanismus usw.

1. Die Herrschaft Christi und die realen Herrschaften
«Christos kyrios» – Christus ist Herr! Dieses älteste Bekenntnis umschreibt prägnant den Glauben der frühen Christenheit: Jesus ist der zum König bestimmte Gesalbte (Messias), der seinen Thron zur Rechten Gottes eingenommen hat und Kraft seines Opfers die lange verheissene Herrschaft Gottes herbeiführen wird. Das Lamm ist würdig, das versiegelte Buch der Weltgeschichte zu empfangen und die Siegel zu öffnen (Apk. 5). Theokratie durch Christokratie ist das politische Modell der frühesten Gemeinden, welche im Schutz des römischen Reiches gedeihen und die Herrschaft Roms zuerst als nützliches Provisorium, dann immer mehr als Gegenreich zum verheissenen Gottesreich erleben. Christus ist der Herr, aber seine Herrschaft ist noch nicht offenbar, ist nicht einfach gegeben und vorfindlich. Sie kann auch nicht von Menschen herbei gezwungen werden. Was noch verborgen ist, kommt von Gott her durch Gottes Wirken.
Es findet sich im neuen Testament eine Tendenz zur Spiritualisierung, wonach das Reich Gottes innerlich in den Herzen der Gläubigen schon da ist, quasi als Erstlingsgabe oder als Angeld (nach Paulus). Doch es bleiben auch Spuren der ursprünglichen realen Hoffnung auf ein Reich Gottes, obwohl bei diesen Textstellen gerne von «judaisierenden Tendenzen» gesprochen wird. Die Johannesoffenbarung, welche den Fortgang der Geschichte bis zum Ende in geheimnisvollen Bildern zeigt, führt die Linie der politischen Heilsgeschichte aus und spricht darum deutlich vom Wesen der Herrschaft, welche dem Reich Gottes entgegen stehen wird.
Somit sind da vor dem Tag Gottes noch andere Herrschaften auf Erden: weltliche (heidnische) Herrschaften, provisorische oder stellvertretende Herrschaften. In welchem Verhältnis stehen diese zu der Christusherrschaft? Um darauf einzugehen, muss ein Blick zurück getan werden in die Geschichte des Israelitischen Königtums.

1.1. Geschichte des Königtum Gottes und seiner Gegenreiche
Im alten Israel ist das Königtum Davids mit dem Tempel in Jerusalem als Wohnort Jahwes das politische Ur- und Idealbild. Der König ist nicht Gottkönig wie im alten Orient oder in Ägypten, aber er ist von Gott ausgewählt und vom Propheten gesalbt. Aus dem Geschlecht Davids soll ein ewiges Königtum kommen, wie der Prophet Nathan weissagt: «Und dein Haus und dein Königtum sollen für alle Zeiten Bestand haben vor dir; dein Thron soll allezeit fest stehen. (2. Samuel 7, 16). Israel wurde später von grösseren Reichen überrollt, beharrte aber stets auf der Verheissung einer Wiederherstellung des Reiches, wie das die Propheten teils in globalen und kosmischen Bildern verkündet haben.
Im Kampf gegen die Hellenisierung erhoben sich im 2. Jahrhundert vor Christus die Makkabäer. Damals habe Antiochus Ephiphanes (175-164 v. Chr.) eine Zeusstatue in das Allerheiligste im Jerusalemer Tempel stellen lassen. Die Empörung darüber war bei den Juden so gross, dass Antiochus das bleibende Vorbild jedes Gottesfeides wurde. Das Geschehen wird verschlüsselt im Danielbuch verhandelt, welches auch für die Sicht der künftigen politischen Entwicklung bei Jesus und im frühen Christentum massgebend wurde.

Das Danielbuch
Im Danielbuch finden sich Visionen, welche die Abfolge verschiedener Reiche zeigen. Für die Gestalt des Antichristen vorbildlich wurden die Reiche der Tiere, welche durch das Reich des Menschensohns abgelöst werden. (Daniel 7).

daniels vision

Im Bild: Daniels Vision von den vier Tieren (Stich von Matthaeus Merian, 1630)

Das erste Tier war gleich einem Löwen, das zweite gleich einem Bären, das dritte gleich einem Panter. Schrecklicher war das vierte Tier, es hatte grossen Zähnen aus Eisen, mit denen es alles frass und zermalmte; es besass auch zehn Hörner, wobei an einem neu gewachsenen Horn Augen waren und ein Mund, der grossmäulig redete. Dann folgt die himmlische Gerichtsszene: Das vierte Tier wird getötet und dem lodernden Feuer übergeben, die Macht der andern Tiere wird beschränkt. Dann sieht Daniel: «Mit den Wolken des Himmels kam einer, der einem Menschen glich … ihm wurde Macht gegeben und Ehre und Königsherrschaft, und alle Völker, Nationen und Sprachen dienten ihm. Seine Macht ist eine ewige Macht, die nie vergeht, und seine Königsherrschaft wird nicht untergehen.» Daniel 7, 1-15 Von einem Engel erhält Daniel eine prägnante Deutung seines Gesichts: «Diese grossen Tiere, jene vier: Vier Könige werden sich über die Erde erheben, und die Heiligen des Allerhöchsten werden die Königsherrschaft empfangen, und für immer und alle Zeiten werden sie die Königsherrschaft besitzen.» (7. Daniel, 18)
Es soll am Ende also eine Macht kommen, die dem Menschen gemäss und menschlich regiert – der Menschensohn, hier als Kollektiv der Heiligen Gottes gedeutet. Vorher aber sind es andere Herrschaften, die Gewalt haben und mit ihrer Tiernatur regieren.

Jesus als Apokalyptiker?
Jesus hat zu Lebzeiten nicht nur die Ankunft des Gottesreichs verkündet, er hat die seinen auch angewiesen, um das Kommen des Reiches Gottes zu beten: «Dein Reich komme!» Jesus lebte in einer erstaunlichen Gewissheit um die Nähe des Gottesreiches. Eine von Lukas überlieferte Äusserung könnte diesen Optimismus klären helfen. Wie seine 72 Jünger freudig zurückkehren und von ihre Macht über Dämonen aller Art berichten, sagt Jesus: «Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen.» (Lukas 10, 18) Das Bild ist sprichwörtlich bis heute. Wie die alten Gottkönige gefallen sind, so kann auch heute ein Star ... plötzlich fallen und sein Licht verlieren. Was hat Jesus da gesehen? Was hat sich verschoben am Gleichgewicht der Himmelskräfte?
Im Allgemeinen aber war Jesus Verhältnis zur politischen Macht, zur römischen Fremdherrschaft, eher pragmatisch: «Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!» (Markus 12, 17) Wie weit er sich die Durchsetzung des Gottesreichs von Gott her auch konkret vorgestellt hat, wie er sich den Widerstand und die Brechung dieses Widerstandes ausgemalt hat, lässt sich nur auf Grund der Texte im Neuen Testament ableiten. Es ist anzunehmen, dass «die kleine Apokalypse» (Markus 13) im Kern auf Jesus zurückgeht. Im wesentlich werden dort aber nur bekannte apokalyptische Motive aus dem Spätjudentum wieder gegeben. Demnach hat Jesus mit dem baldigen Ende der alten Herrschaft gerechnet und den Tag Gottes nahe gesehen, welcher aber wie in Wehen nur langsam das Neue hervorbringt. Katastrophen wie Erdbeben und Hungersnöte oder Kriege aller gegen alle werden dem Aufgang aus der Höhe vorangehen. Eine politische Gegenmacht wird hier allerdings nicht genannt, bloss falsche Messiasse und falsche Propheten, welche mit Wundertaten viele in die Irre führen. Dann aber werden sich auch die Himmelskräfte bewegen «und dann werden sie den Menschensohn auf den Wolken kommen sehen mit grosser Macht und Herrlichkeit. Und dann wird er die Engel aussenden und die Erwählten zusammenführen von den vier Winden, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.» (Markus 13)

menschensohn

Im Bild: Das Kommen des Menschensohns zum Weltgericht nach Matth. 25, 31-46 (Matthaeus Merian, 1630)

Auf seinem Weg zum Kreuz hat Jesus die Unzulänglichkeiten der jüdischen Religionsbehörde wie auch des römischen Rechtsstaates am eigenen Leib erfahren. Die römische Justiz wird aber nicht dämonisiert.

1.2. Der Aufhalter und der Widersacher bei Paulus
Paulus, der auf seinen Reisen die Vorzüge der römischen Herrschaft (Verkehrswege, juristischer Schutz als römischer Bürger, Verwaltung, ...) geschätzt hat, legt im Römerbrief ein klares Bekenntnis zum römischen Staat ab: «Jedermann ordne sich den staatlichen Behörden unter, die Macht über ihn haben. Denn es gibt keine staatliche Behörde, die nicht von Gott gegeben wäre, die jetzt bestehen, sind von Gott eingesetzt.» (Römer 13, 1) Von dieser Formulierung führt ein Weg zu Luthers «Zwei-Reiche-Lehre».  Das Reich Gottes betrifft die Innerlichkeit, es soll mein Herz durch die Liebe lenken und wird meinen Ausgang schlussendlich bestimmen und mich in die ewige Heimat führen. Das Reich der Welt betrifft die menschlichen Angelegenheiten, welche mit Strenge und auch Gewalt geregelt werden müssen. Das erste Reich gehört zur Ordnung der neuen Schöpfung, das andere Reich gehört zur ersten Schöpfung mit ihren Ordnungen. Hier ist die Autorität des Staates von Gott gesetzt.
Doch auch Paulus hat auf die baldige Wiederkunft Christi gesetzt und von da aus die realen politischen Verhältnisse relativiert. Im 2. Kapitel seines 2. Briefes an die Tessalonicher bringt er eine Begründung, warum sich die Zeit verzögert. Denn vor dem Tag Gottes soll – so wird hier vorausgesetzt –  der Widersacher Christi auftreten und viele verführen. Dieser Widersacher ist scheinbar zur Zeit des Paulus noch nicht in Sicht. Darum muss gemäss Paulus vorher eine Kraft wirksam sein, die das Kommen des Gesetzesfeindes aufhält. Allgemein, schon in der alten Kirche, hat man angenommen, dass er damit die römische Reichsordnung meint. Bei Hans Preuss fand ich die originelle Überlegung (nach v. Hofmann der Erlanger Schule), wonach der Hemmende der Erzengel Michael ist – als «der Geist des in sittlicher Rechtsordnung verfassten Völkertums». Engel würden nämlich auch in der Sicht Jesus und in der Apokalypse derlei Aufgaben zukommen wie: Sammeln der Getreuen, Vorstrecken des Gerichts oder sie fesseln gefallene Engel oder halten das Böse zurück. Viele Katastrophen treten erst auf, wenn die Engel dazu das Zeichen geben.

«Was nun aber die Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus betrifft und unsere Zusammenführung mit Ihm, so bitten wir euch, liebe Brüder und Schwestern: Lasst euch nicht so schnell um den Verstand bringen und in Schrecken versetzen, wenn in einer Prophezeiung, einer Rede oder einem Brief – und wäre er auch von uns – angeblich gesagt wird, der Tag des Herrn sei schon da.
Niemand soll euch täuschen, auf keinerlei Weise! Denn zuerst muss der Widerruf kommen und der Feind des Gesetzes offenbar werden, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, der sich über alles erhebt, was Gott oder heilig genannt wird, und sich in den Tempel Gottes setzt und sich gebärdet, als wäre er Gott. Erinnert ihr euch nicht, dass ich euch dies sagte, als ich noch bei euch war? Jetzt wisst ihr auch, was ihn noch aufhält, so dass er erst zu der für ihn bestimmten Zeit offenbar wird. Zwar ist das Geheimnis der Gesetzesfeindschaft schon am Werk; doch noch gibt es den, der es aufhält, bis er dann beseitigt wird. Dann wird der Gesetzesfeind offen hervortreten, aber der Herr wird ihn durch den Hauch seines Mundes töten und durch die Erscheinung seiner Wiederkunft zunichte machen. Jener aber, dessen Kommen das Werk des Satans ist, wird mit aller Macht auftreten, mit trügerischen Zeichen und Wundern, und mit grosser List all jene zur Ungerechtigkeit verführen, die verloren gehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht in sich aufgenommen haben und sich nicht retten liessen …» (2. Thess. 2, 1-11)

Es wird angenommen, dass Paulus nicht nur Antiochus Epiphanes, der eine Zeusstatue in den Jerusalemer Tempel stellen liess, Pate stand, sondern auch Kaligula, der seine eigene Statue in den Tempel setzen wollte. Die Eigenschaften des Antichristen sind hier aber klar gezeichnet, zudem in grosser Übereinstimmung mit der Apokalypse. Der Antichrist stellt sich an die Stelle Christi als göttlicher Herrscher auf Erden, um bei allen Anerkennung und Tribut zu fordern.
Soweit der Paulustext, der den Antichristen hier mit dem Namen Gesetzloser (anomos) bezeichnet. Mit diesem Wort übersetzt auch die Septuaginta, die griechische Übersetzung des Alten Testaments, regelmässig das hebräische Wort belial (beliar) – ein Wort, das Paulus auch in 2. Kor. 6, 15 in Sinne von Gesetzlosem verwendet. «Wie könnte Christus im Einklang sein mit Beliar, was hat der Gläubige mit dem Ungläubigen zu schaffen? Wie verträgt sich der Tempel Gottes mit den nichtigen Göttern? Denn wir sind der Tempel des lebendigen Gottes, …» Es geht Paulus um die Abkehr vom Heidentum, welches der Antichrist allgemein fordern wird.

1.3. Das Tier aus dem Abgrund (Apokalypse 13)
In der Johannesoffenbarung tritt der Antichrist (die Tiere aus dem Abgrund und die Hure Babylon) nur allmählich in Erscheinung. Die verschiedenen Siebenerzyklen tendieren dahin, jeweils im fünften, dann aber vor allem im sechsten Bild die Gegenmacht zur Christusherrschaft ins Spiel zu bringen. Das zeigt sich schon bei den Sendschreiben. Ist im fünften Schreiben an Sardes von der Ankündigung Christi «wie ein Dieb» die Rede, so spricht das sechste Sendschreiben an Philadelphia von der «grossen Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird». Kapitel 4 und 5 spielen im Himmel. Das Lamm ist würdig, das Buch zu empfangen und es zu öffnen. Das Buch mit den sieben Siegeln wird dann entsiegelt (Kap. 6-7) und ergibt einen holzschnittartigen Überblick über den Gang der Erlösung durch verschiedene Katastrophen hindurch samt einem Ausblick auf die 144'000 Versiegelten und die grosse Schar der Geretteten aus allen Völkern. Dramatischer wird es beim Posaunenzyklus (Kap. 8-11).

5_posaune Bei der fünften Posaune öffnet sich der Schlund der Unterwelt. Fürchterliche Kriegswesen tauchen da auf und plagen die Menschheit – diese Wesen haben über sich als König den Engel der Unterwelt, Abaddon. Bei der sechsten Posaune werden die vier Engel am grossen Euphrat losgelassen. Kriegsheere töten den dritten Teil Menschheit, aber die Menschen bleiben ihren Götzen treu.
zeugen Ein Zwischenstück mit den beiden Zeugen erwähnt erstmals das Tier aus dem Abgrund, welches im 13. Kapitel auftreten wird: «Und wenn sie ihr Zeugnis vollendet haben, wird das Tier, das aus der Unterwelt herauf kommt, mit ihnen Krieg führen und sie besiegen und töten». (Apk. 11, 7) Wie der Christus seinen Vorläufer hat, so treten die beiden Zeugen als Vorläufer des Antichisten auf.


Dann, in der Mitte der Apokalypse (Kap. 12, 13 und 14), wird die Genese des Antichristen geschildert. Unvermittelt sind da zwei grosse Zeichen am Himmel: Das Weib, schwanger und schreiend in Wehen der Geburt, und der feuerrote grosse Drache, der ihr Kind verschlingen will. Die Frau mit den 12 Sternen ist gezeichnet als das neue Israel, aus dem die Herrschaft des Messias hervorgehen wird. Der Knabe, der alle Heiden weiden soll, wird geboren und sogleich zu Gott entrückt.  Der Drache aber wird von Michael und den Seinen aus dem Himmel geworfen:

«Und ich hörte eine große Stimme, die sprach im Himmel: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes geworden und die Macht seines Christus; denn der Verkläger unserer Brüder ist verworfen, der sie verklagte Tag und Nacht vor unserm Gott. Und sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses und haben ihr Leben nicht geliebt bis hin zum Tod. Darum freut euch, ihr Himmel und die darin wohnen! Weh aber der Erde und dem Meer! Denn der Teufel kommt zu euch hinab und hat einen großen Zorn und weiß, dass er wenig Zeit hat.» (Apk. 12, 10-12)

Das ist der Ausgangspunkt für das Auftreten des Antichristen. Die Bildfolge geht noch weiter dahin, dass die himmlische Frau in der Wüste eine Bleibe findet, dort aber vom Drachen verfolgt wird mit Wasserspeien. Doch die Erde nimmt das Wasser auf.

Sodann erscheint im 13. Kapitel das erste Tier aus dem Meer. Es hat 10 Hörner und sieben Köpfe. Auf seinen Hörnern zehn Kronen und auf den Köpfen gotteslästerliche Namen. Das Tier fasst alle vier Tiere, die der Prophet Daniel im 7. Kap. geschildert hat, in einem Tier zusammen. «Und das Tier, das ich sah, war gleich einem Panther und seine Füße wie Bärenfüße und sein Rachen wie ein Löwenrachen. Und der Drache gab ihm seine Kraft und seinen Thron und große Macht.» Damit ist auf das vierte Tier aus Daniel 7 angespielt, die letzte Weltmacht vor dem Kommen des Menschensohnes.

tier aus abgrund Die Mittel seiner Herrschaft sind «antichristlich». Dazu gehört die Lästerung dessen, was zu Gott gehört. «Und es tat sein Maul auf zur Lästerung gegen Gott, zu lästern seinen Namen und sein Haus und die im Himmel wohnen. Und ihm wurde Macht gegeben, zu kämpfen mit den Heiligen und sie zu überwinden; und ihm wurde Macht gegeben über alle Stämme und Völker und Sprachen und Nationen.»

Während das erste Tier aus dem Meer im Westen kommt, in Kleinasien also vom Westen, von Rom her, erscheint das zweite Tier aus der Erde. Es imitiert das Lamm Gottes, hat also eine sakrale Note, womit nach vielen Auslegern die Priesterschaft der weltlichen Herrschaft gemeint sei, wie sie nach der Art des orientalischen Gottkönigtums auch in Kleinasien den Kaiserkult bewerkstelligt habe.
Das zweite Tier aus der Erde «hatte zwei Hörner wie ein Lamm und redete wie ein Drache. Und es übt alle Macht des ersten Tieres aus vor seinen Augen und es macht, dass die Erde und die darauf wohnen, das erste Tier anbeten, dessen tödliche Wunde heil geworden war. Und es tut große Zeichen, sodass es auch Feuer vom Himmel auf die Erde fallen lässt vor den Augen der Menschen; und es verführt, die auf Erden wohnen, durch die Zeichen, die zu tun vor den Augen des Tieres ihm Macht gegeben ist; und sagt denen, die auf Erden wohnen, dass sie ein Bild machen sollen dem Tier, das die Wunde vom Schwert hatte und lebendig geworden war. Und es wurde ihm Macht gegeben, Geist zu verleihen dem Bild des Tieres, damit das Bild des Tieres reden und machen könne, dass alle, die das Bild des Tieres nicht anbeteten, getötet würden. Und es macht, dass sie allesamt, die Kleinen und Großen, die Reichen und Armen, die Freien und Sklaven, sich ein Zeichen machen an ihre rechte Hand oder an ihre Stirn und dass niemand kaufen oder verkaufen kann, wenn er nicht das Zeichen hat, nämlich den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. Hier ist Weisheit! Wer Verstand hat, der überlege die Zahl des Tieres; denn es ist die Zahl eines Menschen, und seine Zahl ist sechshundertundsechsundsechzig.»

5_zornschale Es folgt im 14. Kapitel der Apokalypse wiederum ein Vorblick auf das Ende. Im Zornschalenzyklus (Kap. 16) wird wiederum (gemäss den Werken der biblischen Schöpfungsgeschichte Genesis 1) mit den ersten vier Schalen das Land, das Meer, die Flüsse und die Sonne getroffen, mit der 5. Schale «der Thron des Tieres», mit der sechsten der Eurphrat, wobei aus dem Munde des Drachens, des Tieres und des falschen Propheten drei unreine Geister wie Frösche entweichen … und sie versammeln sich bei Harmagedon.

Mit der siebten Schale wird das Gericht über Babylon vorweggenommen, das nun in den folgenden Kapiteln 17 - 19 geschaut und geschildert wird. Im Kapitel 17 kündet einer der Schalenengel an, das Gericht über die «grosse Bulherin» zu zeigen, die «an vielen Wassern sitzt, mit der die Könige der Erde Unzucht getrieben haben und die Bewohner der Erde sind vom Wein ihrer Unzucht trunken geworden». Dann sieht Johannes die grosse Babylon, eine reich geschmückte, aber betrunkene Frau, reitend auf dem ersten Tier aus dem Wasser.

mühlstein Kapitel 18 schildert dann den Untergang der grossen Babylon samt der eindrücklichen Wehklage der Besitzenden über deren Verlust.

Im 19. Kapitel wird die Hochzeit des Lammes angekündigt und Christus besiegt als himmlischer Reiter mit der Waffe des «Wortes Gottes» die beiden Tiere und ihr Heer.
Jetzt kann das tausendjährige Friedenreich auf Erden Wirklichkeit werden, denn Satan wird auf 1000 Jahre gefesselt. Vor der allgemeinen Auferstehung und dem Weltgericht wird er nochmals kurz losgelassen, «um die Völker zu verführen, die an den vier Enden der Erde wohnen – den Gog und den Magog -, um sie zu sammeln zum Krieg, eine Schar, so zahlreich wie der Sand am Meer.» Sie belagern das Lager der Heiligen und die geliebte Stadt, werden aber mit Feuer vom Himmel endgültig besiegt. Der Teufel wird wie das Tier und sein Prophet in den Feuer- und Schwefelsee geworfen. Der weg ist frei für die neue Schöpfung, das neue Jerusalem.

2. Das Tier als Antichrist: Deutungen

Zur Deutung des Tieres aus dem Abgrund stehen heute wichtige theologische Gesichtspunkte zur Verfügung, die eine gewisse Objektivität für sich beanspruchen können – allerdings sind diese Deutungen allein kaum ausreichend für das geistliche Verständnis, jedoch sicher nützlich. Dazu gehören religionsgeschichtliche und zeitgeschichtliche Ergebnisse.

Die Religionsgeschichte zeigt, wie ähnliche Motive, Bilder oder Symbole im nahen Umfeld oder in früheren Kulturen vorkommen, was sie dort bedeuten und wie sie verwandelt aufgenommen worden sind. Dazu ist auch die Kenntnis der Zeitgeschichte unabdingbar. Man muss wissen, was damals die Christen bedroht hat, wie die politische Situation war und auf welche Ereignisse Johannes mit seiner Apokalypse antwortet.
Auf Grund dieser Faktenstudien können dann auch Überlegungen angestellt werden, inwiefern sich in den Bilderzyklen überzeitliche Wahrheiten spiegeln und wie diese Wahrheiten in der Geschichte wieder gefunden werden, sei es als Entwicklung oder Behinderung der Kirche, des Heils, des Reiches Gottes oder überhaupt der Humanität. 

2.1. Vom Dualismus Gott – Satan
Die Fachliteratur bietet zur religionsgeschichtlichen Herkunft des «Antichristen» (der Tiere als Inkarnationen des Schlange, des Drachens, Satans) ausführliche Studien, ich kann hier nur einige Gesichtspunkte andeuten. Oft wird vertreten, dass im alten jüdischen Denken der Feind Gottes nicht personifiziert worden sei. Satan, der Drache, ja überhaupt der Dualismus von Gott und Satan sein eine späte Entwicklung unter dem Einfluss persischer Weltbilder oder hellenistischen Denkens. Sicher gibt es im alten Testament eine starke Tendenz, selbst das, was Gott widersteht, in Gottes Allmacht hinein zu deuten. Ein schönes Beispiel ist die Volkszählung Davids, zu der in einer frühen Fassung (2. Samuel 24, 1) David durch Gott selber aufgereizt wird, in einer späteren Fassung aber (1. Chronik 21, 1) Satan als Verführer Davids auftritt.
Ich meine, dass auch das alte Israel keine einheitliche Weltsicht hatte und damals (wie heute) verschiedene Sichtweisen nebeneinander gelebt haben. Die Religion der verschiedenen Eroberer wie auch die Religion im babylonischen Exilsort hat seine Spuren hinterlassen. Zudem hat Israel selbst in seinen kanaanäischen Wurzeln archaische Religionselemente überwunden, oft aber nur verdrängt oder umgewandelt.
Die Mythen, die hier in Betracht kommen, sind zudem sehr nahe am Erleben der Natur und der Seele, so dass auch von Archetypen im Sinne von C.G.Jung gesprochen werden kann. Dabei ist zu sagen, dass die in archaischen Kulturen als untere Götter oder als Göttinnen des Werdens oder der Fruchtbarkeit verehrten Kräfte später tendenziell dämonisiert worden sind. So könnte wohl gezeigt werden, dass die archetypischen Vorbilder des Antichristen in den frühesten Kulturen durchaus auch auf wichtige wertvolle Dimensionen des Sein hindeuten. Im Anschluss an die Tiefenpsychologie C. G. Jungs gibt es Versuche, die Bilder des Chaos oder des Teuflischen nicht einfach zu dämonisieren, sondern ihnen in der Ganzheit der Archetypenwelt einen sinnvollen Platz zuzugestehen. Dualitäten bedingen sich dort gegenseitig und sind wichtige Momente der Entwicklung. Jeglicher Versuch, diese neutrale Sicht der Kräfte auch im Hinblick auf das Böse in der Weltgeschichte auszuarbeiten, läuft Gefahr, die Dämonie zu verharmlosen.

2.2. Religionsgeschichtliche Herkunft des Antichristen
Ein monströses oder vielleicht einfach elementares Wesen, das sich aus dem Wasser erhebt, sollen auch babylonische Schöpfungsmythen gekannt haben. Tiamat hies die Göttin der unteren feuchten Welten, die durch den Himmelgott Marduk in zwei Teile geschlagen wurde, damit Wasser oben und unten sich sammle und in jedem Jahr, wenn es regnet, die Schöpfung sich wiederholt. Dieses Bild habe Eingang gefunden in die biblische Schöpfungsgeschichte, wo im Anfang der Geist über den Urwassern schwebt und wo am zweiten Tag durch das Wort Gottes die Wasser geschieden werden. Ich referiere hier Angelesenes. Aus der babylonischen Göttin wurde im Monotheismus Israels etwas Chaotisches und doch für das Leben nötiges, das durch Gott in Schranken gewiesen wurde. Doch zu jeder Zeit, so zeigen auch Spuren im Alten Testament, kann die Urgewalt wieder aufbrechen, z.B.  durch Gottes Ratschluss bei der Sintflut. Teils wurde aber diese irdisch-wässrige Urgewalt, die Gott gegenüber steht, auch personifiziert oder wenigstens in Tiergestalten verbildlicht. Der Prophet Jesaia weiss von einem Kampf Gottes gegen den Leviatan, die Urschlange (Jes. 27, 1) oder vom Zerschlagen des Ungeheuers Rahab (Jes. 51, 9). Auch Psalm 74,14 spricht vom Kampf gegen Leviatan und an mehreren Stellen Hiob.
Ob Tiamat, Leviatan, Behemoth oder Rahab die Vision im Buch Daniel von den vier Reichen, durch Tiergestalten symbolisiert, beeinflusst haben? So wird allgemein angenommen.
Dort verkörpern die Tiere eine unbändige, machtgierige und willkürliche Herrschaft oder Weltreiche, die nicht den Segen von oben, sondern die Triebleitung von unten haben.

In der Johannesoffenbarung sind die beiden Tiere eindeutig eine Weiterführung der Vision aus Daniel 7,7. Neu kommt dazu, dass die Tiere mit dem Drachen verbunden dargestellt werden. Der Drache wurde ja im Kapitel vorher auf die Erde geworfen und hat eine grosse Wut. Er «inkarniert» sich im Tier, das aus dem Meer aufsteigt.

Wie der Drache (Kap. 12, 3) hat auch das Tier sieben Häupter und entsprechend Daniel 7,7 zehn Hörner. Ausdrücklich wird vermerkt, dass das Tier seine Macht und Gewalt vom Drachen hat. Die sieben Häupter werden später (Kap. 17,9) auf «die Stadt auf den sieben Hügeln» (Rom) und auf sieben römische Kaiser gedeutet. Die Lästernamen müssen als göttliche Titel der Kaiser gedeutet werden.

Im Bild: Hure Ababylon, reitend auf dem ersten Tier,
nach
Apokalypse 18, von Karl Rössing (1897 - 1987)

hure_babylon

In vielen Zügen wird das Tier als Antithese zur Herrschaft Christi bezeichnet. Darum kann hier vom Antichristen gesprochen werden, auch wenn der Begriff nicht erscheint. Das Tier feiert eine eigentliche Thronbesteigung. Wie der Menschensohn sich zur rechten Gottes setzen wird (Apok. 3, 21), so setzt sich das Tier auf den Thron Satans. Die Verletzung und Heilung eines Hauptes imitiert Tod und Auferstehung Jesus. Und wie die Herrschaft Christi universell sein wird, so gewinnt auch das Tier Vollmacht «über alle Stämme und Völker und Sprachen und Nationen».
Auch im zweiten Tier das aus dem Festland (in Kleinasien vom Osten her) aufsteigt, hat antichristliche Züge. Es imitiert mehr die priesterliche, sakrale Funktion Christi, indem es auch zwei Hörner hat wie ein Lamm. Es wirkt als Agent, als Prophet des ersten Tieres und übernimmt die Propaganda mit allerlei Wunder und Zauberkräften. Der Totalanspruch des Tieres über alle Menschen wird schliesslich mit einem Malzeichen 666 auf der rechten Hand  oder der Stirn markiert. Das griechische Wort «charagma» bezeichnet einen Siegel oder Stempel, wie er Söldnern oder Sklaven als Eigentumsbezeichnung eingraviert worden sei. So werden die Menschen, die sich dem Kult des Tieres ergeben, als dessen Eigentum bezeichnet. Wer das Siegel nicht hat, wird vom wirtschaftlichen Leben ausgeschlosssen. Die Zahl 666 wird als geheimnisvoll verschlüsselter «Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens» bezeichnet. 

2.3. Zeitgeschichtliche Bezüge
Von Seiten der Zeitgeschichte stellt sich nun die Frage, ob der Apokalyptiker spezifische Personen im Blick hatte, ob seine verschlüsselten Bestimmungen des Tieres sich auf einen bestimmten römischen Kaiser und dessen Wirken sich beziehen. Ich erlaube mir hier, auf diese Frage nur beiläufig einzugehen, denn die Forschungsergebnisse sind komplex, widersprüchlich und im letzen Ende auch nicht so wesentlich zur Deutung des Tieres. Verhandelt werden vor allem die Namen Nero und Domitian. Auf Nero, der durch Selbstmord aus der Welt schied, sollen sich damals viele Legenden bezogen haben, wonach der Kaiser nur geflohen sei und mit einem fremden Volk und dessen Heere zurückkommen werde. Domitian soll zur Zeit des Johannes sich vor allem in Kleinasien eine übermässige Vergottung  gefallen lassen haben. Smyrna und Pergamon hatten Tempel für die Göttin Roma, in Ephesus wurde ein repräsentativer Bau mit einer überlebensgrossen Statue von Domitian errichtet. Reste dieser Statue können in Ephesus besichtigt werden. Die Verfolgung der Christen, die den Kaiserkult verweigert und Christus nicht abgeschworen haben, sollen zur Zeit Domitians nur vereinzelt vorgekommen sein. Johannes muss daher eine umfassendere Versuchung «die über den ganzen Erdkreis kommt« im Blick gehabt haben. Er wollte seine Gemeinden stärken, auch bei Annahme des Martyriums der Sache treu zu bleiben.
Einig ist man sich darin, dass in dem Bild des Tieres das römische Kaiserreich und deren Exponenten gemeint sind, welche mit der religiösen Verehrung ihrer Würdenträger ein einheitliches Band in das grosser Reich zu bringen versuchten. Denn das römische Reich war religiös in ein gewisses Vakuum geraten. Man hatte früher die Götter der Griechen übernommen, aber deren Glanz war verebbt und die vielen orientalischen Kulte, die von Osten her ins Reich kamen, haben nur einzelne Zirkel befriedigt. In dem multikulturellen Gemisch von Glaubensformen war ein religiöses Band der Einheit gefragt, was am ehesten durch die Verehrung der Kaiser möglich war – in Anlehnung an altorientalische Vorbilder. Mit diesem Kult konnten sich die einzelnen Städte in Rom einen Namen schaffen, teils wetteiferten sie geradezu, sich beim Kaiser durch dessen Verehrung beliebt zu machen. Dazu war in den Städten Kleinasiens auch leicht eine entsprechende Priesterschaft zu finden, welche unter privilegierten Verhältnisse halfen, dem Kaiserkult zum Durchbruch zu helfen. Auf diese ergebene Priesterschaft, die durchaus mit magischen Praktiken und spektakulären Auftritten (wie heute die Werbung) arbeitete, bezog sich das zweite Tier.
Johannes fordert Standhaftigkeit und Treue, ein aktiver Widerstand gegen diesen Staat war nicht möglich. Gott selbst wird bei Zeiten den Feind bezwingen die Treue belohnen.

2.4. Vom übergeschichtlichen Gehalt des Bildes vom Antichristen
So wie für die Zeit unter der griechischen Fremdherrschaft Daniel das Bild der Tiere geschaut hat und Johannes eine metamorphosierte Vision derselben Strukturen im Bezug auf das römische Reich beschreibt, so wurden im Laufe der Geschichte auch spätere grosse Reiche mit den Tieren in Beziehung gebracht, so mit dem christlichen Kaiserreich und dem Papsttum, mit dem Islam und Mohamed, mit der Revolution und Napoleon, dem dritten Reich und Hitler, mit dem Kommunismus und Stalin, neuerdings mit der Achse des Bösen und dem iranischen Präsidenten Achnedinedschad, oder umgekehrt mit den USA und Busch usw. Freikirchen oder konservative katholische Kreise haben oft auch in den Weltorganisationen die Anfänge des Antichristen erkennen wollen, wohl vor allem wegen deren weltweiter Wirksamkeit. Auch die Ökumene und interreligiöse Treffen haben für diese Gruppen antichristliche Züge.

Ich selber sehe die Geschichte als fortwährende Durchdringen der beiden Herrschaften. Denn das, was die Apokalyptik auf den Tag Gottes hin zusammenschaut in enger zeitlicher Abfolge, das muss nicht zeitlich in die Länge gezogen, sondern strukturell auf alle Zeiten hin ausgelegt werden. Das Reich der Menschlichkeit (des Menschensohns) ist aufgerichtet und hat schlussendlich den Segen Gottes, doch auch das Reich der Unmenschlichkeit (des Tieres) hat in der Zeit seine Wirklichkeit und Tätigkeit und kann überall und jederzeit sein Gesicht zeigen. Das Reich des Menschensohns ist eine Manifestation Gottes, das Reich des Tieres eine Manifestation Satans, wobei sich die Frage stellt, wie weit wir Satan als geistige Realität sehen wollen oder eher von der Trägheit schöpfungsimmanenter Kräften sprechen wollen. Ein Blick in die das 20. Jahrhundert mit Stalin und Hitler lassen einem manchmal eher an eine real existierende Gegenmacht zum Menschlichen denken, auch aktuelle Gefährdungen des Menschen im global werdenden Kapitalismus machen nachdenklich. Der Kult um Schönheit, Besitz, Ansehen und Macht treibt giftige Blüten. Ich sehe heute am ehesten in diesem globalen Hang der materialistischen Gleichmacherei durch das Kapital und die Werbung antichristliches am Werk. Dem Prestige durch Marken, Besitz, Aussehen und Lust gehört die grosse Bewunderung und Aufmerksamkeit. Der materielle Wohlstand wäre an sich etwas durchaus Menschliches, der Menschwerdung Förderliches. Aber diese Ideale treten in einer gewisssen Absolutheit auf, sodass sie Bildung, Medien und gesellschaftliche Ordnungen und Strukturen, ja sogar Werte wie Freiheit oder Toleranz vereinnahmen, teils sogar die klassiche Religion in Anspruch nehmen.
Dabei gehen die Fronten zwischen dem Reich des Tieres und dem Reich Gottes keineswegs entlang nationaler, religiöser oder konfessioneller Grenzen. In einer islamischen Gesellschaft kann unter umständen dem Wachstum des Menschlichen mehr Raum zukommen, als in explizit christlichen Gesellschaften. Denn die Herrschaft des Menschensohns ist keine äusserlich vermittelte, sondern eine, die vom unmittelbaren Bezug des Menschen zu Gott ausgeht. Überall da, wo Menschen Anschluss finden an ihr Urbild in Gott und daraus ihr Leben gestalten wollen, wächst das Reich Gottes. So gibt es schon auch Herrschaftsformen, welche das Reich Gottes fördern, andere, die es hindern. Die Demokratie rechnet mit der Müdigkeit, Freiheit und Güte des Menschen – darum ist die Demokratie auf Bildung des Einzelnen, auf die ganzheitliche Entwicklung des Menschen angewiesen. Wo diese durch andere Kräfte beeinträchtigt wird, kann auch die Demokratie dem Antichristen Vorschub leisten.

2.5. Der Antichrist leugnet den Sohn und den Vater
Zurück zu dem ersten Text, welche vom Antichristen explizit spricht. Die Verirrung muss demnach in den eigenen Kreisen gesucht werden. Der Antichrist bringt Verwirrung über das Verhältnis von Vater und Sohn. Es gehe um die rechte Auffassung, dass durch den Sohn Gott selber zugänglich wird. Wer den Sohn leugne, leugne Gott!
Darum zum Schluss eine Reflexion auf unsere Kirche. Sicher gibt es theologische Strömungen, welche den Sohn im Sinne einer metaphysischen Grösse leugnen. Ich möchte aber nicht auf die sog. «materialistische Interpretation» zielen, welche in vielem wertvolle Aspekte der Jesusbewegung in Erinnerung gebracht hat.
Es geht um mehr, als um eine theologische Schule. Es geht um unsere ganze Zeit, der es schwer geworden ist, die Sohnschaft Gottes im Hinblick auf unser eigenes Menschenbild fruchtbar zu machen. Aber es könnte sein, dass gerade dieser Buch, dieses abgeschnitten sein von den himmlischen Wurzeln «die grosse Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird» ausmacht. Die hat etwas Fatales, sie ist wie verordnet, zumindest zugelassen. Denn sie betrifft alle Menschen, die in die Welt kommen. Sie vergessen ihre himmlischen Ursprünge und können nicht mehr plausibel daran erinnert werden.
Ich erinnere mich an eine Diskussion mit Nachbar Werner Gstrein. Wir empörten uns gemeinsam über die Erfahrung, dass die Geisterwelt verschlossen ist, dass wir über das Leben im Tod so wenig wissen können wir über die Natur Gottes. Wir haben diese Erfahrung so radikal und schmerzlich erlebt, dass wir uns auszudenken begannen, was dahinter steckt. Wir konnten es uns nicht anders erklären, als dass dahinter eine Absicht, ein gezielter Plan der Himmlischen steckt. Die müssen vereinbart haben, dass sie die Menschen für gewisse Zeit völlig abschneiden werden von ihrem Bezug zum Himmel. Dann aber stellte sich die Frage, ob dazu nur die himmlischen Kräfte benutz wurden, oder wie weit dazu auch untere Geister in den Dienst genommen worden sind, wie weit da zugelassen wird, dass sich in der Materie wirksame Mächte so und so gebärden müssen.
Ist die spirituelle Trockenheit der Anfang der grossen Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird? Ist das erst der Anfang für den Aufstieg der Alternativen, die sich nun anbieten können, die als Ersatz für den nicht mehr empfundenen Himmel wirken?
Oder es wird die grosse Trockenheit doch wieder mit einem sanften Regen gemildert, und unter dem Schutz des Aufhalters wächst das Reich und wächst … (4.12.2007)

 

Es folgen hier einige Aphorismen, welche ich in einer Nacht im Hinblick auf diesen Text schrieb:

3. Der Antichrist (Aphoristisches vom 29.12.2007)

Der Christ ist Herr, aber seine Herrschaft wird nicht einfach gegeben.
Sie findet sich nicht vor, wie anderes Sein vorgegeben ist.

Da sind andere Herrschaften: weltliche Herrschaften, stellvertretende Herrschaften, verborgene Herrschaften (Wissenschaft, Medien, Wirtschaft, Orden, Gemeinschaften, …)
Die Frage ist, wie diese zu der Christusherrschaft stehen – 
Doch noch wichtiger ist die Frage, wie denn die Christusherrschaft zu verstehen ist,
wie sie thematisiert wird, wie sie abgeleitet wird, wie sie konzipiert wird …

Die Christusherrschaft muss Religionsgeschichtlich in einen Kontext gestellt werden.
Was sind alternative Herrschaftsmodelle?
Die Demokratie hat viele Heilselemente – die Frage ist, ob schon soviel Heil da ist.
Oder über welche Linie der Geist wirkt: Hierarchie oder Volk?

Dass sich auf Erden eine Gruppe und ein Individuum als «den» Antichrist bezeichnen lässt, ist problematisch. Verschiedentlich wurde das gemacht: das römische Kaisertum, das Papsttum, aber auch die amerikanische oder russische Führungen wurden als Hort des Antichristen entlarvt.

Worum geht es im Johannesbrief, wo vom Antichristen die Rede ist?
Es geht Johannes um eine sehr theologische Bestimmung. Im Sohn haben wir den Vater. Wer das leugnet, hat auch den Vater nicht. Der ist nicht in der Liebe. Das Salböl ist Garant, Erinnerung. (1. Johannesbrief 2. 20)
So wäre die Verirrung eher in den eigenen Kreisen zu suchen. Der Antichrist bringt Verwirrung über das Verhältnis von Vater und Sohn, dass durch den Sohn Gott selber zugänglich wird. Wer den Sohn leugne, leugne Gott! Der Vorwurf ist massiv.

Ich meine für einen Moment, genau dieses Mysterium der Sohnschaft zu sehen: als Zusammenhang von Gott und Mensch durch den Einziggeborenen. Damit hat Gott uns per se in sich hinein geholt. Er hat den Menschen in sich, um durch diesen seine Gottheit zu offenbaren.

Paulus sieht es differenziert: Er unterscheidet zwischen Aufhalter (röm. Staat) und dem Kommen des anomos (des Gesetzlosen).

Die Apokalypse skizziert in Bildern den Auftritt des Gegenreichs: Zwei Tiere regieren, finden weit um Anerkennung und Achtung durch Wunder und Demonstration. Die vom Buch Daniel stammende Symbolik kommt in einen neuen Zusammenhang, in eine neue Geschichte.

Wikipedia ist ein demokratisches Projekt, und es bringt gute Kräfte an den Tag. Ich las heute den Artikel zum Antichristen. Hier schreibt ein Gläubiger, aber in Respekt und Kenntnis der theologischen Traditionen. Die Bibelnähe dominiert, zurück zu Jesus. Es geht um falsche Lehrer, falsche Christuse … 
Die Darstellung der Sicht des AT habe ich auch Sympathie entgegen gebracht: Da gebe es keinen Dualismus von Gott und Satan, da sei allein Gott und sein Wirken, welchem sich Widerständisches entgegenstellt. Erst durch die Begegnung mit dem persischen Dualismus habe sich die Sicht eines Satans ergeben – doch es werden alttestamentliche Wurzeln für den Satan genannt: Bei Hiob als Ankläger, bei den Propheten als vergöttlichter König, der stürzt – denn Gott ist allein König. Jesaia sieht den einen fallen wie einen Stern, der vom Himmel fällt. Das ist das Vorbild für den Engelsturz. Michael und die Seinen werfen den Drachen, die alte Schlange, aus den Himmeln auf die Erde. Da ist ihr Zorn gross. Wehe den Menschen.
Die Zeichen sind unmerklich, ja heilsversprechend. Die Herrschaft der Tiere tritt an mit grossen Versprechen, mit Pralereien, ja mit gotteslästerlichen Namen.
Zu den Taten der Tiere gehört auch der Ausschluss derer, die sich nicht beugen vor ihnen. All jene, welche sich nicht das Mal des Tieres geben lassen, werden ausgeschlossen, gepeinigt, gebrandmarkt.

Provoziert hier der Apokalyptiker bei den Menschen ein «fanatisches Verhalten» - lieber in den Tod als dem Kaiserbild zu räuchern. Doch damit wurden weltanschauliche Kämpfe physisch ausgetragen. Das Zeugnis zum Reich Gottes war so radikal sichtbar, dass es zum Martyrium führen konnte. Hier wurde das Bekenntnis zum einen Herrn radikal gelebt, eine Endzeit wurde vorweggenommen.
Dann aber soll das Reich kommen, 1000 Jahre auf Erden für alle Martyrer – wenn Babylon besiegt, die Herrschaft der Tiere durch die Kraft des Wortes Christi überwunden ist. Und danach das Himmlische Jerusalem. Das Reich als Stadt des Friedens.

Was aber Paulus bedenkt: das römische Reich und die Verheissung, das zeigt sein weitsichtiges und heilsgeschichtliches Umsehen.

Die Apokalypse aber bringt einen Film, einprägsame Bilder – die vieles offen lassen, aber auch machtvoll sind.

Man muss die Tiersymbolik ganz konkret nehmen, das Bild einfach lesen: Da ist in der Herrschaft noch nicht das menschliche, sondern vereinzelte Triebelemente, wie sie im Bild des Bären, des Panters noch klar bezeichnet werden.
Es geht um die Vermenschlichung der Herrschaft. Der Sohn, dem die Herrschaft übergeben wird, ist lange ersehnt, er ist Wunderrat, Weisheit, Kraft.

Wie weit in den Herrschenden sich die Regierung Christi spiegelt, so weit sind sie im Sinne des Christentums positiv, das Reich fördernd. Diese Lehre hat wohl das Mittelalter klar vertreten, vor allem auch das östliche Kaisertum.
Aber die Berufung auf die göttliche Abkunft allein wirkt nicht. Da muss auch ein Empfangen sein, das sich weniger einstellt – oder die Exponenten sagen zu recht, dass sie dem Anspruch nicht genügen können. Sie wollen sich auch säkular, sachlich formulieren und verstehen.

Oder sind die Politiker heute die Marionetten der Geheimregierung aus Wirtschaft und Finanzwelt? – Da werden Regierungen gestützt, gefördert, von anderen bekämpft, ja weggeschafft.
Was regiert in der Weltpolitik? Wo werden die strategischen Konzepte der Zukunft geboren?

Die Esoterik kennt die Lehre, dass grosse Inkarnationen die Welt verändern. Darum wird auch nach solchen Inkarnationen umgeschaut. Und es existiert eine Lehre, wie diese Umschau stattzufinden hat. Der tibetische Buddhismus hat uns auch gelehrt, dass Rituale, dass Bilder zelebriert sein sollen. Ich kann mir auch ein Tanzspiel zur Apokalypse vorstellen.

Ich denke, dass jede Religion über die politischen Herrschaftsformen nachdenken musste. Das Königreich war wohl weltweit im Gange. Wie weit die Demokratie mit dem christlichen Impuls zu tun hat, müsste man im Einzelnen nachweisen. Der Diskurs auf jeden Fall, ist eine Wohltat. Dass die Leute über die Medien diskutieren, sich informieren und partizipieren, ist eine grosse Errungenschaft, aber auch eine mögliche Instanz der Versuchung und Verführung.

Die Medien haben zwischen propagandistischer Staatsmaxime und Umsatz durch Werbung einen Mittelweg zu finden, der aber oft gefährdet ist. (Bei TVO hatte ich meine Fragen, bei der billigen Autosendung über schnelle Geräte.)

Und die Weltpolitik macht etwas Angst, auch die Mittel der Gewalt. Viele Leute sind bewaffnet. Pakistan. Afghanistan, Dafur,

Ich bin fern davon, im Papsttum eine Anmassung zu sehen. Preuss referiert zum Schluss die Sicht Luthers und seiner Nachfolger: Sie haben im Papsttum den Antichrist gesehen – Luther bringt eine ganze Ahnenreihe von Sehern, die das vor ihm erkannt haben.
Sicher hatte die Römisch-Katholische Kirche zeitweise antichristliche Züge, sicher da, wo Juden vertrieben und Ketzer verurteilt wurden.

Was hat es auf sich mit dem grossen Geld, das in China, Russlang, Ägypten oder Dubai vorhanden ist, und nun in der Schweiz investiert werden soll? – Tourismusprojekte (harmlos?), Bauunternehmen, Sportanlässe, …

Der kriminelle Bereich kann nicht ausgeklammert werden, aber der hat eher mit allgemeinmenschlichen Phänomenen zu tun, mit Armut, Hunger, mit Not. Leute fangen nicht aus Lust an, die Gebote zu brechen. Da sind immer auch Verletzungen. (Es wurde auch schon in der Infiltration durch Drogen und Esoterik das Wirken des Antichristen erkannt.)

Auch in der Aufklärung, der Säkularität wurde der Antichrist gesehen.
Dahinter wurde gar eine jüdische Weltverschwörung gewittert. Napoleon soll den Sanherib, den Rat der Juden, befragt haben – und damit habe er ihn wieder hergestellt, ihn legitimiert.

Preuss selber tendiert in seiner Schrift über den Antichristen dahin, ihn nach dem römischen und dem katholischen Imperium im nahenden Sozialismus (1909) zu sehen.

Heute müssen wohl eher die Strukturen des weltweiten Kapitalismus analysiert werden. Wie kann die Lehre vom Reich Christi als gesundes Korrektiv eingebracht werden?

GFS – Der Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung hat eine bleibende Aktualität. Darin ist biblisches Erbe, aber auch Neuzeit.

Die Ausmarchung der Regierung in der Schweiz hat in diesem Winter neue Koalitionen gezeitigt. Hat das demokratische Prinzip gut obwaltet?

Die amerikanischen Präsidentschaftswahlen sind ein Ritual für sich? Dabei spielen die Medien eine grosse Rolle - und Geld.

Gestern habe ich zur Gentechnologie einige Gedanken formuliert. Eine Anfrage in diese Richtung war überhaupt der Anlass, über den Antichristen nachzudenken.
Darum folgt hier zum Schluss auch noch die Anfrage mit der Antwort.

4. Mailanfrage und Antwort zum Antichristen:

Sehr geehrter Herr Schwenderer,
Ich versuche derzeit eine Verbindung zwischen dem Bild des Antichrist in der Apokalypse und dem Verhalten der Weltpolitik in Sachen Gentechnik herzustellen, um daraus einen Bühnentext zu schaffen, der von Jugendlichen gespielt werden kann.
In der Apokalypse ist es ja so, das Stadien beschrieben werden. " Der Drache sprach Lästerworte..." und diese muss ich nun dem Zeitgeist abringen. Politische Reden sind voller Lügen und Schmeicheleien. Aber immer so platt vorgetragen, dass sie auf der Bühne nur wirken würden, wenn man noch eine Filmmusik dazustellte. Das Kommt dem Wesen des Antichrist aber nicht näher. Es zeigt, dass die Menschen immmer nur partiell von ihm ergriffen werden können, aber niemals seine Intelligenz vollständig aufnehmen.
Kennen Sie Beispiele aus der Literatur, wie bei Dostojewkis Großinquisitor, die den Antichrist in vollem Sprachglanz erstrahlen lassen?
Falls Sie Zeit finden zu antworten, freue ich mich!
Einen guten Rutsch wünscht Ihnen
H. M. P. (27.12.07)

 

Lieber Frau P.

Das ist eine schöne, aber schwierige Aufgabe, an der Sie arbeiten. In der Pädagogik und der Kunst muss man konkret werden, wird sichtbar, wie der Stoff aktualisiert und verstanden wird. Das Thema ist delikat und weltanschaulich sehr umstritten. Wie weit dürfen wir das Böse personalisieren oder metaphysisch als Realität bezeichnen? Beides findet im Bild des Antichristen statt.
Ich selber hatte teils apokalyptische Empfindungen, wenn ich Meldungen über Forschungsgelder im Bereich Gentechnologie vernommen habe, oder Werbung von Pharmafirmen oder auch Politiker sprechen hörte, welche der Forschung in diesem Bereich alle Tore öffnen wollten, damit sie nicht auswandert in Gegenden, wo mehr erlaubt ist. In der Regel wird da ja ganz auf die sentimentale Art argumentiert, dass man Krebskranken helfen will oder anderen unheilbar Kranken helfen könnte. Es ist aber spürbar, dass es um Geld geht, das zukunftsträchtig angelegt und investiert werden soll. Ich selber habe oft Zweifel, dass die Gentechnik viel Heil bringt – weil dieses mechanistische Verständnis der Natur für mich nicht zu dem wahren Lebensdimensionen vordringt. Doch in dem Bereich gibt es viel Forschende, viel Investitionen, viele Bedürfnisse.
Auf der andern Seite gibt es ja im alternativen Heilwesen auch viel Wildwuchs, so dass es ein Leichtes sein wird, all diese Bewegungen in einen Topf zu werfen und mit schlechten Beispielen allem Volk plausibel zu machen, wo die Zukunft ist. In der Gentechnologie könnten auch Erfolge vorgetäuscht werden, sodass die Masse darauf setzt und die grossen Heilsversprechen mit allerlei «Wundern» belegt werden – der Materialismus in der Biologie hat für mich teil wirklich apokalyptische Motive. Ich bin kein Anhänger der «Kreationisten», doch der Kampf gegen die Fundamentalisten artet manchmal aus in eine billige Alternativ: Evolution gegen Schöpfungslehre. Auch da laufen derzeit Diskussionen, die das Thema betreffen. Auch dieser künstliche Gegensatz, der die Möglichkeit einer Alternative ausschliesst,  hat für mich etwas Apokalyptisches. Gegen Esoterik und Fundamentalismus – beide Strömungen werden bei uns stark werden - , wird sich ein anscheinend objektives Weltbild durchsetzen wollen mit den Mitteln der Macht von Geld, Wirtschaft und Politik. - Aber das ist die Sicht eines geheimen Esoterikers! Für einen Wissenschaftler wird der Antichrist eher als grosser Esoteriker auftreten, der mit Jenseitslehren beziirzt, oder er wird als Fundamentalist (Bin Laden, Busch, ...) auftreten, der mit religiöser Lehre verblendet.
Ich beneide Sie nicht bei Ihrer Aufgabe, wenn diese auch sehr spannend ist. Lassen Sie mich teilhaben am Lauf der weiteren Genese. Mit Grüssen, as
Andreas Schwendener (29.12.07)

 

 

 
 
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