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Panoramaausblick vom Tierpark Peter und Paul auf die Stadt St.Gallen im Nebelmeer

Arbeitsjournal zur Johannesoffenbarung Dez. 2006 bis …

Freitag, 1. Dezember 2006

Anregungen zur Auferstehung des Leibes

Markus Anker, Pfarrer an der Universität St.Gallen, präsentiert bis Ende Dezember einen Vorlesungszyklus zum Thema: «Hoffen und Bangen. Die letzten Dinge - Gericht, Erlösung, ewiges Leben». Das hat viel mit meinem Thema zu tun. Wenn es möglich ist, gehe ich hin, so auch letzten Mittwoch. In der darauf folgenden Nacht schrieb ich ihm ein Mail mit Eindrücken und Reflexionen zum Thema des Abends, der Auferstehung. Dabei mache ich mir zuerst Gedanken über die Art, wie Markus Anker ein solches Thema an einer Wirtschaftsuniversität präsentiert.

Theologie an der Uni?
Seine Beiträge sind theologisch kenntnisreich und doch subtil engagiert, mit einer Leidenschaft für die Frage nach den letzten Dingen. Ich bemerkte ihm gegenüber, dass er hier «sachliche Zusammenstellungen von Anschauungen» biete. Ja, betonte er, es gehe ihm an der Uni nicht um Missions- oder Bekehrungsveranstaltungen. Er habe wohl auch nicht die Absicht, füge ich hinzu, eine Art Einweihung in die Lösung letzter Fragen zu bieten - denn ich merke, dass ich selber mehr den Anspruch hätte, Antworten zu geben oder wenigstens Wege des Antwortens auszuloten.
Doch ganz unscheinbar kommt «der Pfarrer», oder eher der «Theologe», auch bei Markus Anker immer wieder durch, so zum Beispiel in der Auswahl und Präsentation der Bibeltexte. Das macht er sehr angenehm und gut protestantisch. Es ist dann dem Publikum überlassen, wie es sich von diesen wunderbaren Traditionen ansprechen lässt. Doch im Tonfall, oder im Ernst der Seele beim Ansetzen des Vorlesens einer Bibelpassage, erlebe ich ein inneres Engagement, bei dem das Feuer überspringt. So hat der Universitätspfarrer am letzten Mittwoch äusserst charmant das bekannte Schreiben des Paulus an die Korinther eingeführt mitsamt dem ganzen Kontext und dem Verhältnis der Partner zueinander, um dann 1. Korinther 15, diesen Schlüsseltext zur Auferstehung, fast liturgisch vorzutragen und respektvoll zu erläutern.
Vorher hatte er die verschiedenen Menschenbilder von der Antike bis in die Gegenwart angedeutet und die für die Theologie kontrovers rezipierten Modelle der Griechen ausführlich erläutert.

Ewigkeit der Seele und Auferstehung des Menschen
Mir selber ist heute deutlich geworden, wie die Griechen mit ihrer Sicht der Seele und die Bibel mit ihren Texten zur Auferstehung von verschiedenem Blickwinkel aus je Wichtiges zum Thema zu sagen haben. Die beiden Traditionen sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden, da sie sich wunderbar ergänzen.
Ich habe vernommen, dass die Griechen (Pythagoras und vor allem Platon) uns beschreiben, wie der Mensch als Seele vor Gott oder dem Sein Bestand hat: jeder Mensch, unabhängig von Religion oder Rasse, hat eine unsterbliche Seele und lebt nach dem Tod fort. Diese Anthropologie der Antike wurde auch für unsere Kultur relevant, denn sie ist der Vernunft allgemein zugänglich. Was sie sagt, hat darum die Kirchenväter, die mittelalterlichen Theologen und die Aufklärer gleichermassen überzeugt und beeinflusst. Der Mensch hat Anteil an dem Ewigen, an der «Erwählung durch Gott», oder wenigstens der «Verantwortung vor Gott». Was ein Mensch tut, geht mit, die Seele ist der Garant der Kontinuität von Diesseits und Jenseits.

Naherwartung: Die Schau des Kommenden überwältigt das Reale
Aber damit ist noch wenig über die Auferstehung gesagt. Das Ezechielzitat (Ez. 37), dem grössere Aufmerksamkeit geschenkt wurde, hat mir erneut in Erinnerung gerufen, wie endzeitlich diese Prophetie ist. Das wird nicht über den Ist-Zustand der Menschen philosophiert, sondern geschaut, was am Ende sein wird. Dass die Toten Israels wieder Sehnen und Knochen erhalten durch den Geist Gottes, ist ein Bild, das die natürliche Anthropologie der Griechen nicht widerlegt, aber neu herausfordert und ausrichtet.
Es geht da um Weltwerden, um Ziele von Himmel und Erde, um grössere Linien, um das Letzte, vielleicht auch um Entwicklung.
Im Kontext des Judentums und des frühen Christentums wurde dieses Letzte zwar oft als die nahe Endzeit zelebriert, als ein Zusammenbruch der alten und die Herabkunft einer neuen Schöpfung. Die Schau der grossen Ziele Gottes wurde auf die Gegenwart gespiegelt, da ein Evolutionsmodell für Welt und Menschheit fehlte.
Dieses grosse Ziel der Auferstehung des Leibes und der Neuschöpfung von Himmel und Erde konnte nur radikal als Einbruch der Gotteswelt erlebt werden, welche die alte Welt auflöst.

Die Apokalypsen sind seelische Bilder, welche den Zusammenprall von geschauten letzten Zielen und einer real erlebten Gegenwart vermitteln. Wenn die Seele, wie das bei Johannes der Fall war, in der Entrückung und der Schau des Menschensohns mit den letzten und eigentlichen Zielen für die Menschen konfrontiert wird, schwindet für diese Seele in ihren Bilderlebnissen die Welt dahin und verwandelt sich in heftigen Kämpfen und kosmischen Katastrophen hin zu der neuen Schöpfung, der Auferstehung von Himmel und Erde und natürlich der Menschen, der Menschheit.

Eschaton und Evolution - Das Letzte in der Entwicklung
Erstaunlicherweise hat Johannes in seinen Schauungen doch einen Zeitrahmen erfahren für den Zusammenprall der sündigen Menschheit mit den Zielen Gottes. Da sind die Siebenerrhythmen. Es geschieht dieser Weg der Verwandlung der gefallenen Schöpfung hin zur neuen Schöpfung nicht einfach durch ein abruptes Wunder. Alle Geschöpfe werden in diese Prozesse verwickelt. Vor allem sind die Menschen involviert: durch Überwinden, Durchhalten, Glauben und Mitregieren. So wird die Zeit in unserm Leben zur Gnadenzeit, zur Zeit der Entscheidung und der Mitarbeit. Und natürlich stellt sich auch die Frage, welche Rolle die Zeit für die bereits verstorbenen hat, inwieweit auch da noch in der Gnade mitgewirkt werden kann für die grossen Ziele der Welt.

Ich frage mich, wie die antike Seelenlehre mit ihrer neuzeitlichen Metamorphose, der naturwissenschaftlichen Evolutionslehre, vereint werden kann mit dem grossartigen biblischen Erbe einer Auferstehung des Leibes und einer Neuschöpfung von Himmel und Erde.
Was macht unsere Lebenszeit zur Gnadenzeit und damit zur letzten Zeit? Die Evolution, die in Kategorien von Zeiten, Entwicklung und Fortschritt denkt, müsste somit verbunden werden können mit dem, was die Theologie als Ziel unserer Erdenzeit glaubt. Die prophetischen Lehren der Auferstehung und Neuschöpfung bringt in den Evolutionsgedanken auch die Dimension des geistlichen Fortschritts und der Gnade.

Von der Natur im Geist und dem Geist in der Natur
Doch die Versöhnung von Wissenschaft und Theologie, von Natur und Gnade, ist nicht nur im Hinblick auf das Geschichts- und Zeitverständnis anzugehen. Auch die «Seinsfrage» wird hier neu herausgefordert. Es geht um die Kontinuität in der Wandlung. Wie ist das Sein der Natur geartet, dass es über die Zeiten hinweg Kontinuität erlaubt und die Identität des Menschen ermöglich: von der Geburt bis zum Tod und darüber hinaus bis zur Auferstehung?
Auch diese Frage habe ich heute mit Markus kurz andiskutiert: Es ist dies auch die Frage nach dem Schöpfer, der ja auch die Neuschöpfung an uns vollziehen soll. Ist dabei unsere Identität nur in Gott bewahrt oder auch in uns selber?
Diese Identität ist, so lehren mich die Griechen, in mir, in meinem Seelengeist, der Entelechie, die ich selber bin.
Aber zugleich ist diese Identität, so lehrt mich die Bibel, in Gott, der allein aus seiner souveränen Schöpferkraft mir die Gestalt der Vollendung wird zukommen lassen können.
So erschafft Gott, wenn wir beide Auffassungen zusammen nehmen, unsern Leib auch mittels unseres Seelengeistes, der wir sind und kraft der göttlichen Gnade durch die Zeitentwicklungen hindurch werden können bis zur letzten Vollendung, der Auferstehung. Gott ist Geist, der uns erschafft, der uns die Gnade der Vollendung in der Zeit vermittelt und die Neuwerdung an uns vollziehen lässt - Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Interessanterweise spiegelt sich diese je verschiedene Blickrichtung auf das Urwunder des Werdens und Neuwerdens auch im Hinblick auf die Auferstehungsberichte, wie Markus Anker gezeigt hat. Wenn Christus selber aufersteht, geht es um die Beschreibung des Christusprinzips, um den Funken im Menschen, der sich emanzipiert bis in die Leiblichkeit, das Fleisch. In Jesus wohnte das Wort, das im Anfang bei Gott war und aus dem alles erschaffen worden ist. Es kam in das Seine. So ist dieses Wort auch Schöpfungsmittler zum neuen Leib. Wird hingegen von der Auferweckung gesprochen, so ist angedeutet, dass Gott handelt, der Schöpfer von Himmel und Erde, der das Ganze neu macht.

Anthropologie der Auferstehung
So drängt sich mir im Hinblick auf die Lehre der Auferstehung ein (christliches) Menschenbild auf, in dem Natur und Gnade sich gegenseitig bedingen. Damit wäre Gott auch die Energie unseres Leibes, aber so, dass wie selber als abgespaltener, gefallener Funke Gottes, als Seelegeist, als logos spermatikos, … unser «Leben im Fleisch» mit verantworten. Das Selbstbewusstsein wäre demnach nur ein kleiner Aspekt des menschlichen Geistes, der unbewusst und vermittels der Seele auch zuständig ist für die Belebung des Leibes und überbewusst für den Kontakt zur Welt Gottes. Nur durch diese zweifache Offenheit unseres Ichs kann der Mensch Erbe des Reiches sein, durch in seinem Leib den Kosmos repräsentieren und in der Verheissung der Auferstehung des Leibes Teil der neuen Schöpfung werden. In der Verbundenheit mit Christus ist uns ein Angeld, eine Erstlingsgabe geworden, darin wir selber die Verwandlung unseres verweslichen Leibes durch das Leben in der Gnadenzeit mitvollziehen. Welch Vertrauen und welche Gnade, diese Verantwortung durch die Gemeinschaft mit Christus, der unsertwegen Mensch geworden ist, anzunehmen!

Wenn die Auferstehung tatsächlich möglich ist oder eine Realität wird, dann müssen unsere säkularen Weltbilder, vor allem die Sicht der Natur und des Leibes, gehörig überarbeitet werden. Die Auferstehung hat nicht nur eine natürliche, sondern auch eine soziale, eine geschichtliche und kosmische Dimension. Davon muss die Kirche zeugen. Sie hat da ihre ureigene Aufgabe, auch wenn sich damit vor einer schweren, ja prekären Aufgabe steht. Was kann der säkularen Welt zugemutet werden, wie lässt sich verständlich von der Auferstehung reden?

 

12. Dezember 2006: Eine Singstunde

Die Vision vom Leuchter

Heute war ich wieder bei Franziska Schildknecht – zu meiner Lektion in Sing-Improvisation. Sie machte mit mir eine Übung, durch die der Mensch zu seiner Mitte findet. Im Osten wird diese Mitte Hara genannt. Drei Finger unter dem Bauchnabel und drei Finger hinein in den Körper – dort ungefähr soll dieses schlummernde Kraftzentrum im Menschen liegen.
Auf dem Rücken liegend mit angezogenen Beinen, entspannt und in ruhigem Atmen, wird jedes der zwei Beine abwechslungsweise je acht mal ausgestreckt, aber nicht auf den Boden gelegt. Dazu ausatmen und innerlich durch Hara hindurch mit der Erde in Kontakt kommen. Analoges dann mit den Armen, die hinter dem Kopf verschränkt auf dem Boden liegen: So den Kopf leicht heben mitsamt den Armen und hinunter zu Hara sich verbinden; dasselbe auch achtmal seitwärts links und rechts, usw. Dabei war meine Bauchmuskulatur recht gefordert. Dann eine wohltuende Drehung auf den Bauch. Und wieder diese leichten Hebebewegungen, jetzt vor allem vorne ... um dann zu einer Entspannung zu finden, im Ausatmen einen Ton zu geben und den ganzen Körper bildlich Wurzeln schlagen zu lassen in der Erde.
So fanden wir einen Ton, den Franziska auf dem Harmonium aufnahm und ihn als Grundton für die weitere Improvisation ertönen liess. Ich war sehr entspannt und wegen meinem Schlafmangel auch oft an der Grenze zum Träumen.
In dieser Position sang ich, sangen wir unsere Improvisation. Was kommt aus der Tiefe, welche Bilder steigen in der Seele auf? Woher kommt die Musik, der Gesang? Die Wurzeln, die wir zur Erde haben wachsen lassen, waren auch Inspirationsquelle. Als wir dann aber gegen das Ende hin stiller wurden und in schweigender Meditation die Übung zum Ausklingen führten, fehlte mir der Bezug nach oben. Ich merkte, dass von unten ein Reichtum kommt, aber da ist auch oben etwas. Meine Seele improvisierte quasi mit inneren Bildern, mit diesen und jenen gefühlten Vorstellungen, ob sie passen und wie sie weiter sich entwickeln.

Der siebenarmige Leuchter
Die «Wurzeln» nach oben wandelten sich in Lichtbahnen, in Strahlen, in mehrfache Lichtbahnen … und irgendwann hatte ich das Bild vom siebenarmigen Leuchter über mir, wie es von Johannes im ersten Kapitel der Johannesoffenbarung beschrieben wird – nicht als Vision oder Erscheinung, aber als ruhig gefühltes Bild. Und zu meiner Überraschung war dieses Bild nicht flüchtig, so dass ich es halten oder stets rekonstruieren musste. Es verweilte, weil es zu stimmen schien zu dem, was meine Seele als inneres Bild brauchte und suchte, um das Verhältnis nach oben, zum Himmel, bildhaft in sich zu haben, so, dass da etwas strömt, dass die Kommunikation nicht nur nach unten zur Erde da ist, sondern auch über mir ein Medium der Relation lebt.
Mir kam da auch das Bild in Erinnerung, das ich hier unten zeige und das mein inneres Bild sicher mit befruchtet hat. Doch ich spürte irgend eine Objektivität darin, eine treffliche Genauigkeit, die vom Künstler intuitiv erfasst worden sein muss. Johannes liegt hier auch auf dem Bauch – übrigens so, wie die Priester ihre Weihe empfangen. Und entlang seiner Wirbelsäule, seiner ausgestreckten Menschengestalt, erheben sich die sieben Leuchter, in deren Zentrum der Menschensohn erscheint – mit den sieben Sternen in der rechten Hand. Die Apokalypse deutet dieses Bild so: «Die sieben Sterne sind die Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter sind die sieben Gemeinden.» (Apk. 1, 20)

Kolorierter Kupferstich aus einer frühen Lutherbibel

Offenbarung 1, 12

Interessant ist die Platzierung des vierten Leuchters, der die Mitte der Sieben markiert, und die andern Leuchter in zwei Dreiergruppen erscheinen lässt. Der vierte Leuchter kommt am tiefsten mit der Erde in Berührung. Es ist, als würde er durch Johannes hindurch gehen, durch die Mitte dieses Menschen, durch sein Hara, von dem ich oben sprach. Und diese goldenen Leuchter sind ja wirklich irgendwie pflanzenartig, so dass da unten fast so etwas wie Wurzeln angedeutet werden. (2. Mose 25, 31 f. schildert detailliert die Konstruktion des siebenarmigen Leuchters – da ist immer wieder von den «Knoten mit Blumen» die Rede, von Mandelblüten – Moses sah auf dem Berg das Urbild des Leuchters).

Die Mitte im Menschen
Die Schlussmeditation, in der sich mir das Bild des siebenarmigen Leuchters eingestellt hat, forderte mich auch heraus: zu Überlegungen, zu empfundenen Gefühlen, zu weiterführenden Deutungen. So war mir lange nicht klar, ob die sieben Leuchter entlang den sieben Chakras im Menschen stehen, oder ob der Leuchter so über mir ist wie in dem Bild oben, dass vor allem die Mitte des Leuchters meine Mitte anzeigt. Letzteres stimmte dann eher, denn der Leuchter war gross, letztlich grösser als meine Körperlänge. Was diese Zuordnung betrifft sind wohl verschiedene Sichtweisen möglich, je nach dem, welche Aspekte man betont. Bei der Parallelsetzung von Charkras und Gemeinden (>>> dazu mehr hier) wird das Herzchakra zur Mitte. Gehe ich von dem aus, was ich heute spürte, kann auch «Hara» die Mitte sein, wie das auch der Künstler im Bild oben empfunden hat. Vielleicht entspricht das dem makrokosmischen Leuchter, so wie die Chakras den mikrokosmischen Leuchter im Menschen anzeigen.

Der Weg der sieben Gemeinden
Früher hatte ich immer mal wieder Probleme bei der Zuordnung der Leuchter zu den Charkras oder überhaupt zur Gestalt des Menschen. Ist nun der erste Leuchter (Ephesus) eher unten, beim 1. Chackra, so dass die Entwicklung hinauf zum Scheitelchackra den Weg des Menschen und der Menschheit abbildet – oder ist es umgekehrt, dass der in der Apokalypse beschriebene Entwicklungsweg eher von oben nach unten geht?
Heute, in dieser Meditation zum Leuchter, war es für mich klar. Ephesus ist oben oder vorne beim Kopf. Ephesus steht für den Anfang, die erste Liebe, die Reinheit des Ausgangspunktes. Ephesus war auch das Haupt der Gemeinden mit einer gewissen Schlüsselfunktion. Hier ist das Mahnwort, dass Christus kommen kann und den Leuchter umstossen wird. Ich erinnere mich an ein Buch über die embryonale Entwicklung des Menschen. Der Mensch entsteht aus dem Kopf, am Anfang ist er fast nur Kopf. Der erste Satz der Bibel « Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde» läst sich auch so übersetzen, dass Gott zur Hauptsache, im Prinzip, Himmel und Erde erschaffen hat. B'ereschit, im Anfang, heisst wörtlich, aus dem Haupt. Dementsprechend sind die Gemeinden im Menschen von oben nach unten zuzuordnen.
Die andern Gemeinden markieren dann den Weg durch den Menschen hindurch, hinab zur Mitte, zu «Hara» (Thyatira) und der Verwandlung des sterblichen, dreigliedrigen Menschen. Das vierte Element ist der Christus von Thyatira, «der Augen hat wie eine Feuerflamme und dessen Füsse gleich schimmerndem Erz sind.» Es geht um den ganzen Menschen, es geht in der Mahnung um Sexualität, und in der Verheissung um Macht.
Das Bild oben zeigt auch den Menschensohn quais als Verlängerung des vierten Leuchters, der durch «Hara» den Menschen durchdringt. Auch dieser Christus war in der Meditation heute ein Thema. Er war wie fern und doch nah, er gehört zum Leuchter, war aber heute nicht das zentrale Thema.

Samstag, 30. Dezember 2006

Praisecamp 06 in der Olmahalle St.Gallen

Obwohl ich zur Zeit sehr beschäftigt bin, mache ich mich gegen 21 Uhr auf zur Olmahalle, wo von Freikirchen ein Anlass mit Jugendlichen abgehalten wird. Ich komme hin und sehe auf dem Platz junge Leute, erblicke durchs Fenster etwas wie ein Restaurant, wo Jugendliche sind. Aber erst da, wo ich rein gehe, beginne ich zu realisieren, wieviel junge Menschen sich hier eingefunden haben. Im grossen Saal, wo Musik aufspielt, überblicke ich die Menge der Menschen.
Ich gehe wieder raus und spreche mit zwei Mitarbeitenden. Der eine ist aus St.Gallen, Computer-Fachmann bei der Reifeisenbank, der andere studiert in Basel Theologie im letzten Jahr, – Christoph Baumgartner. Sie beide machen da Dienst, helfen mit. Der Theologiestudent gehört der Aargauer Landeskirche an. Er informiert mich, dass hier 1500 junge Menschen für sechs Tag am Praisecamp 06 zum Thema «Pass it on – gibs wiiter» teilnehmen. Er hat schon vor vier Jahren an einem analogen Camp teilgenommen und trifft teils wieder dieselben Jugendlichen, nur sind sie nun vier Jahre älter. Er selber schläft in der Jugendherberge, welche als ganze gemietet worden ist. Ganze Familien sind da mit Wohnwagen. Die Mehrzahl schläft unten in einem grossen Saal auf mitgebrachten Matten und im Schlafsack.
Heute sei der Abend, der offen sei für alle. Die Teilnehmer des Camps hätten in den Tagen zuvor in der Stadt geworben, junge Leute angesprochen. Ich selber habe heute im Tagblatt eine Notiz gelesen.
Etwas nach 22 Uhr sind die Leute alle im grossen Saal. Wie ich da rein komme, bin ich verblüfft über die Hingabe, die Konzentration, die Aufmerksamkeit, mit der gegen 2000 junge Menschen die Bühnenshow mitverfolgen. Auf zwei Grossleinwände wird die Predigt des jungen Manns übertragen. Ich lasse mich darauf ein, d. h. es zieht mich herein. Er bringt evidente, nachvollziehbare Beispiele und Lebenserfahrungen, um dann auf Gott zu kommen. Was wir alle ersehnen und missen, hat Jesus für uns vollbracht. Liebe, totale Hingabe. Die Predigt ist ein richtiges Kunstwerk, eine Kunstaktion, ein gekonntes rhetorisches Happening. Anders als früher in solchen Missionsveranstaltungen fühle ich mich in keinem Moment im Widerspruch, ich kann jedem Wort zustimmen mit einem inneren Halleluja. Ganz zart beginnt die Band zu spielen. Die Predigt geht über in Musik, alle sind begeistert dabei im Lobpreis.
Dann gehe ich kurz raus, doch bald ist der Anlass zu Ende und die jungen Menschen kommen raus. Da begegnet mir Vincenz Pachmann, den ich vor zwei Jahren konfirmiert habe. Er bezeugt, dass er die Botsschaft nie so einprägsam, so wundersam vernommen habe, wie heute – das sagt der Pfarrerssohn, der noch vor zwei Jahren nur kritisch und mit Vorbehalten der Bibel gegenüber stand.
Dann spreche ich mit zwei Jugendlichen, die in einem Papier blättern, das sie aus ihrem workshop mitgekriegt haben. Es geht um Okkultismus. Nach einem längeren Austausch bitte ich um Einblick in das etwa 20-seitige Papier. Es enthält kurze Informationen zu allen möglichen Praktiken der Esoterikszene. Doch ich frage nicht weiter nach, wie all das für sie nun gesehen werde. Irgendwie scheinen die Jungs auch daran interessiert zu sein.
Hingegen bleibe ich dann länger in einem Gespräch mir zwei, dann drei jungen Frauen. Die zwei kommen aus Basel, aus einer Täufergemeinde, die dritte aus dem Züribiet. Wie sie erfahren, dass ich landeskirchlicher Pfarrer und Redaktor bin, fragen sie, ob ich hier sei, um Kritik zu üben. Nein, ist meine Antwort. Ich verfolge das religiöse, das christliche, das kirchliche Leben im Kanton. So war es mir ein Anliegen, auch hier vorbei zu schauen.
Doch die Frage war berechtigt. Wir kommen auf Unterschiede, auf Anfeindungen, Diskrepanzen usw. zwischen Landes- und Freikirchen zu sprechen. Ich erwähne meine Beobachtungen, dass sich die Fronten in den letzten zehn Jahren geglättet hätten, dass beide Seiten die je andere als sinnvolle Ergänzung und Korrektur sähen, sogar auf der Seite der Katholiken.
Ich suche nach meinen Vorbehalten, meiner Kritik: Ich beobachte bei Freikirchen eine zu klare Theologie, eine vereinfachte Linie, ein spezifisches Konzentrat aus der biblischen Botschaft – wobei ich im Sprechen realisiere, dass wir doch genau auf ein solches Konzentrat, auf diesen Kern, abstellen müssen. Sie bestätigen mir, dass auch der Gott des Alten Testaments ein Gott der Vergebung ist, ja der Liebe. Aber in Jesus hat dieser Gott diese Eigenschaften umfassend und universell uns mitgeteilt – durch einen Menschen (seinen Sohn ?) , der in seinem Kampf und in seiner Hingabe die letzte Gottverlassenheit auf sich genommen hat – an Stelle von uns. So der Inhalt der heutigen Predigt, die natürlich nachklang auch in unserem Gespräch. Ich frage übrigens, wer denn da gepredigt hätte. Sie zeigen mir im Programm den Namen des jungen Mannes, von dem ich nur erfahren hatte, dass er während drei Jahren Lehrer war und vom Dialekt her aus St.Gallen kommen mussste (Adreas Boppart – «Boppi»).
Warum ich das alles hier unter meiner Website zur Johannesoffenbarung aufschreibe? –  Nun, die eine der drei jungen Frauen erwähnte die Johannesoffenbarung. Wir kamen darauf, als sie mich mutig fragte, ob ich auch Gottes Stimme vernehme. Ich fragte nach, wie sie das meine, wie sie meine, dass man Gottes Stimme vernehme. Sie erwähnte ein persönliches Beispiel, welches ihr Liebesleben betrifft. Sie hatte Ihr Herz einst Gott geschenkt. Darum würde er ihr auch klar sagen, warum diese oder jene Liebesgeschichte nicht funktionieren kann. Gott bestimme die Zeit. Dann erwähnte sie ein anderes Beispiel. Sie hätte in der Offenbarung gelesen, dass nur jene, die im Buch des Lebens aufgeschrieben sind, das Heil erwerben. Da hätte sie Gott gefragt, ob sie bei ihm aufgeschrieben sei. Sie erhielt Antwort, wohl über eine Jesaiastelle, wo Gott sagt, dass er die Seinen auf seine Handfläche geschrieben habe. Diese Einsicht, dass dies der Fall sei, kam ihr von Gott zu. Ich erwähne, dass ich zur Offenbarung eine Website mache, allerdings mit verschiedenen Sichtweisen. Darüber reden wir noch etwas, auch über das Rauchen von Zigaretten: Ob da Dämonien im Spiel sind? Sie meinen, dass Gott das nicht verurteilt, aber meine Freiheit davon liebe. Ich äussere den mir selber verblüffenden Satz, dass da vielleicht Gott mitraucht, nachdem ich von einem kleinen Dämon gesprochen habe, der daran sein Vergnügen hat. Dann verabschiede ich mich.
Draussen stehe ich noch etwas rum. Da kommen die drei Mädchen nochmals zu mir und fragen mich, ob ich mit Ihnen beten wolle. Ich frage: Wo? Im Gebetsraum oder hier? Hier! Wir halten uns im Kreis die Hànde und beten inniglich. Jeder der drei Frauen spricht ihr Gebet, die Baslerin ganz speziell und intensiv für mich, ich sage Dank für die Begeisterung der vielen jungen Leute, danke für die Verheissung des Gottesreichs, die Ausgiessung des Geistes, für die Begegnung und bitte um Reifung und Wachstum im Glauben, für Weisheit und Kraft. Amen.
Nachklang: Ist es möglich, die vielen Sichtweisen, die ich nachvollziehe, ernst zu nehmen und doch gläubige zu sein, eine spezifische Sicht zu kultivieren und missionarisch mit Christus unterwegs zu sein. Oder muss ich als «Wissenschaftler» immer bloss nüchtern aufzeigend bleiben? Füreinander beten bringt noch eine andere Dimension zu Tage. Da wird konkret, was man so für möglich und wahr hält. Im Wissen, dass ich auch im Beten meine privaten Sehnsüchte und Wünsche privilegiere, und Göttliches und Menschliches vermische, will ich doch mehr die Kraft des Tuns, des Seins und Werdens pflegen – und Beten, Segnen, Heilen … die eine Frau meinte sogar, dass wir Tote erwecken werden. Grössere Werke werden wir vollbringen als Jesus. Mein Charisma aber wird darin liegen, die biblischen «Fundamentalismen» univeralistisch und menschheitlich zu erklären.

17. Februar 2007

Vier Vorträge zur Apokalypse: Neue Zugänge

Monate sind vergangen seit meinem letzten Eintrag. Das hat mit persönlichen Veränderungen zu tun, aber auch mit meiner Arbeit an einer neuen Website: meiner persönlichen: www.andreas-schwendener.com. Da mache ich quasi mich selber mit meinem bisherigen Leben zur Firma, zum Anbieter im weiten Markt der Weltanschauung. Die Arbeit an der Seite macht mir Spass, weil ich da endlich meine 52 Jahre Leben etwas bedenke, ordne und vor allem von der Kunst her aufarbeite. Ich war immer gestaltend tätig – als Autodidakt, als Laie, als Möchtegernkünstler. Meine Motive zusammenzustellen und sichtbar zu machen ist ein Stück «Biographiearbeit».
Derzeit bin ich schon wieder mit der nächsten Ausgabe des Kirchenboten beschäftigt, aber von meinem Ehrenamt her, dem Präsidium des Evang.-ref. Forums, laufen die Vorträge zur Apokalypse.

Samuel Vollenweider: «Ich gerit am Tag des Herrn in Verzückung» – Was heisst Offenbarung?

Am Montag, 5. Februar, sprach Samuel Vollenweider über die Entstehung der Apokalypse durch Schau und Tradition, dann über die Gemeinden im römischen Reich, dass sie damals kaum bedrängt waren. Aber Johannes rechnete mit einer kommenden Bedrängnis. Dann sprach er über die Herkunft  der Motive (Archetypen, babylonische Mythen, AT., usw.) und die zwei Welten - Himmel und Erde –, die durch das ganze Buch gehen. Die Apokalypse müsse aus ihrer Zeit heraus gelesen werden, und erst nach dieser historischen Vorarbeit könne vorsichtig daran gegangen werden, die mythischen Urbilder in ihrer überzeitlichen Aussage anzusehen, wie sie im Chaos Ordnung stiften, in der Bedrängnis Zuversicht und Hoffnung wecken.  Aber ob das Buch zu einer eigentlichen Sinnstiftung für heute taugt – er brachte Zweifel an, ob da z.B. mit einer Befreiungstheologie dies und das aktualisiert werden könne.  Mit diesen wenigen Gedanken werde ich seinem Vortrag nicht gerecht. Zu dem, was er sagte, schickt er mir >>> diesen Aufsatz als PDF. Ich selber habe seinen Beitrag so zusammengefasst: >>> Vortrag von Samuel Vollenweider (folgt ev. später)

Luzia Sutter Rehmann: Vom Mut, genau hinzusehen – Befreiungstheologie und Apokalypse

Am Montag, 12. Februar, war Luzia Sutter Rehmann zu Gast. Daniel Klingenberg und ich haben mit ihr für eine Stunde über die «Bibel in gerechter Sprache» diskutiert. Daniel Klingenberg wird darüber etwas im St.Galler Tagblatt schreiben – unter der Rubrick: «zu Gast» (>>> hier zu diesem Text). Mir hat das Gespräch vieles an Sympathie und Verständnis für das Anliegen geweckt. Luzia Sutter Rehmann hat sehr bedacht geantwortet. Die akademische Theologie hat das Unterfangen «Bibel in gerechter Sprache» verurteilt, für Luzia ist der ehrenamtliche Einsatz eine grosse Lust und Entdeckung, aber auch ein noch offenes Wagnis im Bezug auf die akademische Karriere. Die Journalisten sind überfordert, die Übersetzung zu beurteilen. Ich habe vernommen, dass jede Übersetzung eine Interpretation ist – mit idelogischen Hintergründen. Befreiungstheologie, feministische Theologie und der Christl.-jüdische Dialog bestimmen die Übersetzung. Die Frage der sozialen Gerechtigkeit, der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Aufarbeitung des Holocausts – das sind die drei Themen, die berücksichtigt wurden und nicht bloss ideologische Standpunkte sind. Sie sind Teil der Wahrheitsfindung, der Objektivität.
Luzia Sutter Rehmanns Vortrag beim Forum konzentrierte sich auf die Deutung des 6. Kapitels der Johannesoffenbarung. Das ist der Siegelzyklus, ein Schlüsseltext zum ganzen Buch. Schliesslich geht es darum, dass hier Christus als das Lamm Gottes würdig ist, das Buch mit den sieben Siegeln zu öffnen.
Vorher aber erklärte sie die Prinzipien der Befreiungstheologie: Es geht darum, den Standpunkt der eigenen Deutung zu reflektieren, die Situation der Betroffenheit ernst zu nehmen. Schaue ich von aussen die Endzeitsituation an, oder fühle ich mich involviert, dass ich Teil bin des Niedergangs, der Bedrohung, der Wende?
Die Bilder, die Johannes bei der Öffnung der ersten vier Siegel sieht – die vier Reiter - hat Luzia detailiert ausgemalt, geschlildert und erkärt. Die vier Wesen, die jeweils den Impuls zum Hinschauen geben, hat sie ausgeklammert - verständlicherweise, es würde damit zu komplex. Obwohl ich überzeugt bin, dass genua das die kosmologische Dimension der Bilder klar macht. Aber sie betonte, dass Johannes in der Vision aufgefordert worden ist, hinzuschauen. Da war etwas unbequemes, das nicht automatisch funktioniert hat.
Sie hat die Reiter auf die Situation der Bedrohung durch Rom bezogen, die immer schlimmer wird in der Sicht des Sehers. Apokalypsein heisst aufdecken, enthüllen, genau hinschauen. Und was da gesehen wird, ist nicht nur schmeichelnd: Die Herrschenden erfahren die Endlichkeit ihrer Herrschaft. Die Apokalypse wendet sich nicht gegen Menschen oder gegen die Erde, sondern gegen Gewalt, gegen Machtmissbrauch, gegen Unrecht. Das zeigt sich bei der Öffnung des fünften und sechsten Siegels. Die Elemente spielen errückt. Das ist kausal mit der Ungerechtigkeit des politischen Systems verbunden. Die Natur wehrt sich gegen die Ungerechtigkeiten unter den Menschen.
Historisch ist dahinter die Situation, das der palästinensische Aufstand besiegt worden ist und die Propheten in die Verbannung gegen mussten. Johannes wurde nach Patmos versorgt, ein Edelgefängnis für Leute, die nicht einfach umgebracht werden konnten. Johannes wird zum Propheten. Prophetie bedeutet: laut herausrufen. Die Johannesoffenbarung wir zum Schlüssel: Schau, genau hinschauen, Eröffnung der Geheimnisse.

 

19. Februar 2007

Zum Beitrag von Hartmuth Raguse zur Wirkungsgeschichte der Apokalypse,
speziell der Vision vom «1000-jährigen Reisch»

Den Vortrag von Hartmut Raguse habe ich schon im Vorfeld erhalten. Obwohl ich den seinen Beitrag schon gelesen hatte, war sein Vortrag für mich voller kleiner Offenbarungen.
Vorher haben wir zusammen etwas Kleines gegessen und bereits meine Fragen angeschnitten. Diese kommen im Mail zur Sprache, das ich noch am selben Abend an Hartmuth Raguse geschickt habe. Hier Auszüge davon :

«... Wie weit das 1000-jährige Reich mit dem Zeitalter des Geistes zusammenhängt – dem will ich noch nachgehen.
Und was hat es zu bedeuten, dass mit dem Wort Gottes auch Katastrophen in die Welt kommen, ein Feuer über die Welt – ist das nicht uralt prophetisch?
Der Tag Gottes wird an den Tag bringen, was Bestand hat. Gottes Kommen – auch in seinem Wort – wird Läuterung, Scheidung und Klarheit bringen. Wie das dargestellt ist und was wir davon verstehen, ist zeitbedingt. Die absolute Bewegung dieses Wortes durch die Welt zum Gericht und zur Neuschöpfung können wir uns kaum zumuten, ihn (es) zu verstehen und zu erklären.
Was und wie hat das alles mit dem Leben des Jesus von Nazareth zu tun? Wenn wir ihn mit dem Logos identifizieren, wie viel ist davon Wunschphilosophie, ewige Philosophie, absolute Philosophie - oder im Glauben tatsächliche Kommunion mit der Menschwerdung des ewigen Wortes, des ewigen Evangeliums?
Sie sehen: ich ringe fast fundamentalistisch um einen absoluten Standpunkt im Glauben, aber philosophisch und mit der Rezeption der Aufklärung. Ob das möglich ist?
Die Diskrepanz von «schon» und «noch nicht», von «Sünder und Heiliger» ist ein dialektisches Spiel. Aber im Postulieren der Gegensätze suche ich nach Stabilität, nach Sicherheiten, nach Gewissheiten: Nach Aussagen, die unter «natürliche Theologie» fallen, weil sie allgemein etwas sagen über die Beziehung zwischen Mensch und Gott, Menschengeist und Gottesgeist. Da gibt es durchaus anthropologische, schöpfungstheologische Dimensionen, die hier behandelt und ausgesprochen werden müssen. So der Zusammenhang von Logik und Logos.
Obwohl uns der Fall vertraut ist, die absolute Diskrepanz, muss es auch die Heilung, die absolute Zusammengehörigkeit geben – wenn auch nur virtuell, hypothetisch oder sakramental in der Taufe – so wie heute Pfarrer Ruedi Keller behauptet hat, dass die Kirche der Vortrupp für das Reich Gottes ist.
Die 144'000 - darüber hatte ich eine Diskussion über Internet mit einem Kollegen, der mir einen Artikel über Bonhoeffer schrieb – sind für mich die Treuen aus allen Kulturen, Völkern, Sprachen und Nationen. Bonhoeffer gehört dazu, aber auch Buber, Ramakrishna und Viborada.
Es ist spät, und ich schreibe zu assoziativ. Auf ein anderes Mal, as

 

Aschermittwoch, 21. 2. 2007

Pressearbeit für den Vortrag von Viktor und Viktoria Trimondi

Heute Nachmittag schreibe ich einen Pressetext für den letzten Vortrag mit den Trimondis, den ich recht weit herumschicke. Ich lasse ihn vorher von meinem Kollegen Steffen Klatt korrigieren, der mich ernüchtert. Er schrieb mir: «nach meiner erfahrung interessiert eine veranstaltung immer nur lokal, hier das st.galler tagblatt. zeitungen orientieren sich an der aktualität. wenn morgen irgendein ereignis, etwa eine stellungnahme von us-präsident bush aus dem geiste der christlichen rechten, das thema auf die tagesordnung setzt, dann sind alle zeitungen interessiert. einen tag später lockt man dagegen selbst mit besseren texten niemanden mehr.»
Trotzdem habe ich den Text weit gestreut. So lautet er:

Gefährliche Apokalyptik?

Am Montagabend, 26. Februar, sprechen in St.Gallen das Autorenehepaar Victor und Victoria Trimondi über «Politik, Glaube und Terror im Zeichen der Apokalypse». Der Vortrag beendet den Vortragszyklus «Fragwürdige Johannesoffenbarung», mit dem das Evang.-ref. Forum St.Gallen verschiedene Deutungen des letzten Buches der Bibel vorgestellt hat.

Apokalyptische Deutungen der Politik waren bis zur Aufklärung fast gemeingut. Die Neuzeit mit ihrer historischen Sicht der Apokalyptik und der Trennung von Kirche und Staat vertrieb die apokalyptischen Endzeiterwartungen aus der Öffentlichkeit, sie überlebten auf dem europäischen Kontinent abseits bei Sekten und fundamentalistischen Gruppen. Anders in Amerika, in Israel oder in zahlreichen islamischen Ländern, wo apokalyptisches Gedankengut vom Endkampf oder der eigenen Weltherrschaft in den Medien, aber auch in der Politik große Resonanz finden.
Victor und Victoria Trimondi haben in Jahr 2006 eine umfassende und viel diskutierte Studie vorgelegt, in der sie den Einfluss fundamentalistischer Apokalypseinterpretation auf die aktuelle Weltpolitik untersucht haben, insbesondere im Zusammenhang mit den Konflikten im Nahen- und Mittleren Osten.

(Bild: Karl Rössing: Apok. 9. 2-10, 1946)

Der größte Teil ihrer Studie ist dem Bibelverständnis christlicher Gruppierungen in Nordamerika (zusammengefasst als „Christliche Rechte“), der als «religiöser Zionismus» bezeichneten Strömung innerhalb des Judentums und den religiösen Begründungen des politisch agierenden Islamismus gewidmet. Die Autoren warnen vor der wachsenden Popularität solcher mit religiösen Gründen zu Gewalt aufrufenden Schriften, die zunehmend auch in Europa Anklang finden.

Inwiefern die Apokalypse des Johannes, das letzte Buch der Bibel, als heilige Schrift gelten kann, war selbst in der Christentumsgeschichte oft umstritten. Die Ostkirche lehnte sie bis ins 4. Jahrhundert ab, Luther hätte sie lieber nicht in der Bibel gehabt, da sie ein den Evangelien widersprechendes Jesusbild zeige und zum Sektierertum verleite. Trotzdem hat das Buch zu allen Zeiten das Denken und vor allem die Kunst im Abendland befruchtet und angeregt. Die heutige Schultheologie würdigt die Apokalypse als ein Stück altchristlicher Literatur mit aufschlussreichen Studien. Unbehelligt davon finden populäre Schriften mit fundamentalistischen Deutungen großen Absatz. Wie weit damit auch die politische Kultur des Westens betroffen werden könnte, soll an dem Abend mit dem Ehepaar Trimondi diskutiert werden.

Montag, 26. Februar, 20 Uhr, im Festsaal St.Katharinen (Katharinengasse 11), St.Gallen
Veranstalter: Evangelisch-reformiertes Forum St.Gallen
Auskunft: Tel. 071 244 34 64, Internet: www.erf-sg.com

So weit der Pressetext, den ich heute verschickt habe. Mit dem Schlusssatz habe ich zugleich ein Programm für meine Arbeit an der Johannesoffenbarung formuliert. Zu dem Buch der Trimondis schreibe ich heute in meiner Literaturliste folgende Ergänzung:
«Das Buch lässt mir keine Ruhe, zumal ich die Autoren nach St.Gallen eingeladen habe. Am 26. 2.2007 referieren sie in St.Gallen. Für mich stellt sich die Frage, ob die Aufklärung als geistlich-spirituelle Dimension weltweit stark genug sein wird, um die populistisch-fundamentalistischen Kräfte und Mächte (welche die Autoren in ihren Wirkungen aufzeigen und zurecht kritisieren), «die «apokalyptische Matrix», überleuchten zu können. Geht es da doch auch wieder um eine globale, kosmische Auseinandersetzung ... eine moderne Apokalypse? (21.2.07)


Sonntag, 25.2.2007

Ist die Apokalypse ein gefährliches Buch?

Ich habe mich beeilt, das Buch «Krieg der Religionen» fertig zu lesen. Das zweitletzte Kapitel ist originell. Die Autoren bringen einen Lösungsversuch zum Tempelberg. Ein Garten soll dort entstehen, ein Paradies, wie es alle Religionen für den Anfang und für das Ende vorsehen. Mich überzeugen sogar die Motive, welche auch für Muslime interessant sein könnten, die beiden Moscheen an einen andern Ort zu bringen.
Und dann habe ich erstmals auch alle meine Freunde und Bekannten angeschrieben, um auf den Vortrag aufmerksam zu machen. Der abschliessende Ausblick im Buch, das allerletzte Kapitel, hat mich so fasziniert, dass ich in dem privaten Werbemail gleich einige Passagen zitiert habe.
In der Tat fühle ich mich durch die fleissige Arbeit der Trimondis in meiner Beschäftigung mit der Apokalypse herausgefordert. War ich bisher zu naiv? Ich werde noch mehr auf die aktuellen Deutungen hinschauen müssen. Hier mein Werbemail:

Liebe Freunde, Kolleginnen, theologisch Interessierte,
Im Rahmen des Vortragszyklus «Fragwürdige Johannesoffenbarung» sprechen morgen, Montag, 26. Februar in St.Gallen ein Autorenehepaar, das für einmal nicht einfach die Apokalypse als biblisches Buch behandelt, sondern deren Einfluss auf Politik und Gesellschaft in der Gegenwart beschreibt, vor allem mit Blick auf Jerusalem und den Tempelberg.
Für mich selber war ihr Buch «Krieg der Religionen – Politik, Glaube und Terror im Zeichen der Apokalypse» Anlass für die Einladung nach St.Gallen. Erst in diesen Tagen habe ich mich daran gemacht, es fertig zu lesen. Anfänglich war da etwas wie eine Verweigerung, mich überhaupt mit diesen fundamentalistischen Interpretationen auseinander zu setzen.

Mir wurde aber bewusst, dass ich darum nicht herum komme, wenn ich die Apokalyptik verstehen will. Apokalyptik geht weit über die individuelle Frömmigkeit hinaus und hat einen geschichtlichen, einen politischen, ja einen kosmischen Anspruch. Als ein Stück altchristliche Literatur ist die Johannesoffenbarung höchst spannend und harmlos – der Blickwinkel der gelehrten Theologie. Als Modell, die Wirklichkeit zu deuten, aber höchst gefährlich - der Blickwinkel des weltweit zunehmenden Fundamentalismus.
Trimondis haben mich auf letzteren Aspekt aufmerksam gemacht, und ich weiss noch nicht, was sich daraus für meine Beschäftigung mit der Apokalypse ergibt.

Hier einige Schlusssätze aus dem Buch:

«So vereint die apokalyptische Matrix alle Fundamentalisten in einer «Ökumene des Schreckens». Dogmatisch und historisch gesehen war und ist deswegen der Fundamentalismus eine starke Strömung innerhalb der Religionen und nicht – wie heute oft betont wird – eine Extremistenbewegung ausserhalb der Religionen, die deren Friedensbotschaft und Toleranzbereitschaft in Frage stellt.

.... Folglich werden die Religionen als solche bei der Ursachenanalyse für das bestehende Weltenchaos entlastet, denn, nach Hans Küng, sind sie alle in ihrem Kern gut, friedliebend, human, sozial gerecht, mitfühlend, dialog- und hilfsbereit, respektvoll, tolerant. ..... Es handelt sich dabei zum grössten Teil um «Prinzipien» des europäischen Humanismus, der Aufklärung und des Sozialismus, die oft gegen den Widerstand von Kirchen erkämpft werden mussten.

... So ignoriert sie (die Weltökumene) bewusst den apokalyptisch-messinaischen Wahn sowie die daraus abgeleiteten politischen Theologien der Gegenwart.

.. Wie nun die Antworten der jetzt noch offiziellen Glaubensrichtungen auf diese Fragestellungen lauten werden, können wir nicht voraussehen. Das mögliche Spektrum reicht jedenfalls von einer Theorie der Verinnerlichung, einer historischen Exegese, einer pazifistischen Umdeutung bis hin zur«Verbannung» der Apokalypsen in die Apokryphen ...

... Die offiziellen Religionen stehen heute, mehr denn je, vor einem höchst delikaten Problem. Sie sind früher oder später dazu gezwungen, zu den Gewaltstellen in ihrer Heiligen Schrift, zu ihren katastrophalen Endzeit-Prophezeiungen, zum militanten Messianismus, zum Heiligen Krieg und zum Gottesstaat offen Stellung zu beziehen. Natürlich werden sie das Problem so lange verdrängen wie das möglich ist, denn es trifft auf einen Akupunkturpunkt ihres eigenen zentralen Nervensystems.

... Dieser Dialog zwischen Religionsvertretern und Säkularisten (meist Politiker und Medienvertreter) wird von beiden Parteien in der Sprache des Humanismus geführt ... Was zur Folge hat, dass sich die Säkularisten in den von ihnen propagierten, humanpolitischen Werten bestätigt sehen und sich beruhigt in die Institutionen ihres immer noch laizistischen Staates zurückziehen, ohne mit den eigentlichen Problemfeldern, aus denen die religiöse Gewaltbereitschaft entsteht, überhaupt konfrontiert worden zu sein.

Irgendwie hat sich unter ihnen der naive Glaube verbreitet, die offiziellen Kirchen hätten das Fundamentalismus- und Terror-Syndrom theologisch und organisatorisch voll im Griff. Die Gefahr religiöser Gewalt stammt aber, wir wiederholen es, aus den Religionen selbst, aus ihrer blutigen Vergangenheit, insbesondere aus ihren Heiligen Texten. Dies aufzuarbeiten, zu analysieren und zu bewerten ist eine vordringliche Aufgabe der Aufklärung und des
Humanismus, um die Menschen vor der Destruktivität des religiösen Wahns zu schützen. Die in unserer Studie vorgestellte apokalyptische Matrix ist eine der gefährlichsten Formen davon und daher ihre Überwindung eine der grossen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.»

Na ja, da haben wir ja noch Arbeit, mit Grüssen, as


Montag, 26.2.2007

Warum beschäftige ich mich mit der Johannesoffenbarung?

Schon vor Wochen hatte ich den Journalisten René Scheu, der beim St.Galler Tagblatt für die Hintergrundseite (Seite 2) mitverantwortlich ist, auf den Besuch der Trimondis in St.Gallen aufmerksam gemacht. Natürlich dachte ich an ein Interview mit den beiden im Vorfeld, um so auch einen Werbeeffekt für den Vortrag zu haben.
Irgendwann hat mir René Scheu gesagt, dass er es im Vorfeld wohl kaum mehr schaffe und dass ihn ohnehin dieser Pfarrer aus St.Gallen, der sich mit der Apokalypse beschäftige, ebenso interessiere. Ob es möglich sei, ein Interview mit den Trimondis und mit mir zu machen, quasi ein Streitgespräch zwischen einem Fan der Apokalypse und zwei engagierten Gegnern dieses Buches. Ihn würde in der Tat auch interessieren, wie ich dazu komme, mich schwerpunktmässig mit der Apokalypse zu befassen.
Heute Montag, also vor dem Vortrag, habe ich für mich selber folgende Antworten formuliert:

«In meinem Glauben an Gott den Schöpfer, den Erlöser und Vollender möchte ich die Schöpfung, die Erlösung und die Vollendung (des Einzelnen, der Glaubensgemeinschaft/en, der Völker, von Himmel und Erde) auch denkend nachvollziehen und so weit es geht, verstehen.

Der Kontrast zwischen biblisch-antiken Weltdeutungen und einer säkularen Weltsicht (Urknall, Darwinismus, säkulare Lebensentwürfe,politische Utopien – derzeit zwar kaum in Sichtweite) ist für die Weltanschauung der Religionen eine grosse Herausforderung, vor allem das Verständnis der Weltentstehung und der Weltvollendung. Eine Sicht dazu ist nicht unwichtig, ist kein nebensächlicher Luxus. Keine der alten Kulturen und Religionen wolle oder konnte darauf verzichten. Wir haben säkularen Ersatz, der aber den Glauben wenig fördert und durchtränkt. Da ist ein Vakuum.
Christus ist das A und O, der Logos, aus dem alles geworden ist, und er vollendet die Herrschaft Gottes als ewiges Wort Gottes, als das «ewige Evangelium».

Nach dem Urereignis des christlichen Glaubens, der Auferstehung Christi, bilden sich Gemeinden, ich gehöre als Getaufter und Glaubender dazu.
Was aber ist die bleibende Bedeutung meines Glaubens und der christlichen Gemeinde für die Zukunft der Völker und Religionen? Wie kommt das Reich Gottes, das Jesus verheissen hat, das die Kirche fördern will und auf das sie hofft? Hat Gott Pläne für die Geschichte, wie lenkt er die Zukunft von Himmel und Erde?

Die historische oder biblisch-wörtliche Antwort:
Hier gibt die Apokalypse in der Sprache ihrer Zeit und in religiösen Bildern des alten Orients Antworten – primär für die Christen der frühen Gemeinden: Christus lebt, er sitzt zur Rechten Gottes und hat (Kraft seines Opfers als Lamm Gottes) zusammen mit vielen himmlischen Mächten die Aufgabe übernommen, die Geschicke auf Erden im Dienste Gottes zu lenken. Das ist die universale, ewige und längst verheissene Herrschaft aus dem Geschlecht Davids.

Christus ist am Sonntag für Johannes offenbar als der wiederkommende Menschensohn. Es ist für Ihn bereits Endzeit, in welcher gerafft in den Bildern der Apokalypse die Verwandlung der hinfälligen Schöpfung in die neue Schöpfung geschaut wird. Den Berufenen, den Glaubenden, kommt in diesem Einbruch der Ewigkeit in die Zeit eine besondere Aufgabe, aber auch Bewährung zu: Der Auferstandene teilt den sieben Gemeinden (Repräsentanten der Kirche) mit, in aller Bedrängnis den Versuchungen der Anpassung an das Heidentum zu widerstehen, denn mit dem Kommen des Tages Gottes wird alles Eitle, Selbstherrliche und Böse durch verschiedene Gerichte abgeschüttelt, vernichtet.
Im Kampf zwischen Satan und Gott wird Satan auf Zeit grossen Einfluss haben. Die Tiere aus dem Abgrund, welche viele Menschen verführen, geben den ersten Christen Einblick in die Macht der römischen Herrschaft und ihrer Priesterschaft. Die Hure Babylon ist das Gegenbild zur Braut Christ, des Neuen Jerusalems, das am Ende vom Himmel herabkommen wird und das Paradies wiederbringt. Vorher aber soll das Reich Gottes für eine Zeit auf Erden verwirklicht werden. Die Gerichte Gottes, dann die vom Himmel her geführten Kriege gegen die Widersacher Gottes und schliesslich die Bindung Satans bringen vor dem Ende ein 1000-jähriges Reich, in dem die Märtyrer und die Treuen in Frieden mit Christus regieren werden.
Die Vision gab wohl dem frühen Christentum eine wirksame Siegerutopie, welche sie stark und selbstbewusst gemacht hat. Das Römerreich fiel, die Kirche hat dieses Reich in vielen Belangen beerbt.

Eine überzeitliche, aktuelle Botschaft?
Gibt es in der Apokalypse konstruktive und aufbauende Elemente und Botschaften, welche auch für einen durch Aufklärung und Religionskritik geläuterten Glauben konstitutiv und unverzichtbar sind?
1. Dazu gehören Fragen um verschiedene Welten und himmlische Wesen, wie sie der Seher erlebt und beschreibt, also eine Art Erkenntnistheorie im Hinblick auf Übersinnliches, natürlich in Kooperation mit der Religionsgeschichte, der Psychologie der Symbolik usw.
2. Zum christlichen Glauben gehört eine politische Utopie. Die theokratischen Gottesreichvisionen müssen mit der politischen Kultur der Gegenwart in Verbindung gebracht werden können.
3. Zum christlichen Glauben gehört auch eine Kosmologie über Weltanfang und Weltende: Die spirituell-mythologische Sicht der Schöpfung, wie sie die alten kannten, erfordert eine analoge, zeitgemässe Naturerkenntnis.

Meine Frage: > Wie weit lassen sich die mystischen und esoterischen Traditionen des christlichen Abendlandes für die Bewältigung dieser Aufgaben einspannen? Wie weit haben sie da vorgearbeitet und können die alten Mythologien mit modernem Denken verbinden. Und wie kann das moderne Denken diese Bereicherung aufnehmen, welche Erkenntnismethoden sind dazu nötig, wie müsste Wissenschaft erweitert und neu definiert werden? Für mich stellt sich vor allem die Frage, wie weit die Anthroposophie hier ein Gesprächspartner werden kann für diese Aufgaben der Theologie und der Religionen. Denn da gibt es Anstätze in diese Richtung. (as, 26. Feb. 07)»


Freitag, 2. März 2007

Das Tagblattinterview

>>>zum Tagblatt vom 5.3.07, Seite 2
Inmitten meiner Vorarbeiten für den April- Kirchenboten lief das Gegenlesen des Interviews, das René Scheu geschrieben hat. Zwei Stunden haben wir am Dienstag mit den Trimondis die Apokalypse diskutiert. Es war spannend zu lesen, was René Scheu aus dem reichhaltigen Material ausgewählt und ausformuliert hat.
Schon im Vorfeld machte er mich darauf aufmerksam, dass in einem Interview auch die Fremdwahrnehmung durch den Interviewer zur Geltung kommt. Das könne eine Bereicherung sein für den Interviewten. So habe ich es empfunden. Ich hätte vieles selber anders ausformuliert, aber so, wie mich René Scheu wiedergegeben hat, konnte ich fast alles stehen lassen. Die Trimondis haben mehr umformuliert und geklärt. Sie haben Jahrzehnte in Forschung investiert und sind auf repräsentative Wiedergabe ihr Positition angewiesen. So wurde das Interview deutlich informativer, wenn auch in dem dialogischen Schwung etwas gebrochen. Doch im ganzen hat das Gespräch an Attraktivität und Informationsgehalt gewonnen. Victor Trimondi ist ein sehr präziser Autor, stets im Gespräch mit seiner Frau Victoria Trimondi. In dem Interview kritisieren sie nicht nur, sie deuten auch ihre Friedensvision an.
Gerne hätte ich mich in den kommenden Tagen mit ihrem Buch beschäftigt, auch hier auf dieser Website. Vieles wäre da wiederzugeben, zu besprechen. Aber ich bin abwesend für eine Weiterbildung bis Montagabend, so dass dies mein letzter Eintrag bis zum Erscheinen des Artikels im Tagblatt bleiben wird.
Das Interview hat mich doch etwas aufgewühlt, da meine Website nun öffentlicher wird. Da erscheine ich als religiös Suchender, beschäftigt mit vielen Traditionen und Quellen. Dies und das könnte mir als offiziellem Vertreter unserer Landeskirche auch übel genommen werden, obwohl ich hier eine private Plattform führe. Doch René hat mich ermuntert, zu meinem authentischen Suchen zu stehen. Ein guter Freund hat mich kürzlich gemahnt, auf der Website nicht zu intim zu werden. Er hat festgestellt, dass ich mich hier nicht als sachlicher Forscher präsentiere, sondern in einer religiösen Typologie, die schwer einzuordnen ist und auch befremden kann. Das will ich im Bewusstsein behalten. ...

Montag, 5. März 2007

Vom Tag, an dem das Tagblattinterview erschienen ist

Inzwischen ist das Interview mit Trimondis und mir im Tagblatt erschienen: >>> zum Tagblatt vom 5.3.07, Seite 2 in der online-Ausgabe. Hier zum Interview als >>> PDF
Ich war für drei Tage abewsend, für zwei Tage an einer «open space»-Veranstaltung und am Montag seit Jahren wieder einmal im Goetheanum in Dornach. Ich half da jemandem (Pia Bühler), eine Ausstellung abzuräumen und die Werke zu fotografieren. Die Nacht verbrachte ich in einem Künstlerhaus, wo ich am Morgen eine Frau kennengelernt habe, die sich mit der Apokalypse beschäftigt. Sie hat die sieben von Rudolf Steiner entworfenen Siegel zur Apokalypse künstlerisch neu gestaltet und kürzlich ausgestellt. Spannend, dass es mich für die Übernachtung gerade in dieses Haus verschlagen hat und ich von diesen Siegeln gehört habe. Ich erkundigte mich nach Literatur dazu und kaufte heute im Buchladen des Goetheanums das etwas teure Buch: «Rudolf Steiner – Bilder okkulter Siegel und Säulen».
Es wurde 16 Uhr, bis wir mit dem Abräumen der Ausstellung fertig waren. Erst am Abend kaufte ich mir in Basel das St.Galler Tagblatt und las auf der Heimfahrt mit Spannung den Text.
Der Kasten zum Buch «Krieg der Religionen»  fiel weg - aus Platzgründen. Auch gewisse Textpassagen mussten leicht gekürzt werden. Wie ich später sah, hat René Scheu den früheren Anfang weggelassen. Ich habe das in meiner ersten Lektüre gar nicht gemerkt. D.h., dass die Kürzung zutreffend war. Folgende, für den Anfang vorgesehene Passage, wurde weggelassen:

« Woher stammt das wieder erstarkte Gefühl, in einer Endzeit zu leben?

Victor Trimondi:
Die Auslöser sind zahlreich. Neben zunehmenden Naturkatastrophen und Krisen der Globalisierung fachte die Jahrtausendwende den Endzeitwahn an. Hinzukommen der immer größer werdende sozial-politische Einfluss fundamentalistisch-christlicher Gruppen, die Internationalisierung des islamistischen Terrorismus, der selber endzeitliche Motive und Zielsetzungen aufweist. Eine brisant politische Dimension bekam die Thematik seit dem 11. 9. 2001. Die Terroranschläge auf das World Trade Center waren ja mit ihrer Ästhetik des Grauens darauf angelegt, endzeitliche Assoziationen zu wecken – seither hat der apokalyptische Jargon definitiv Einzug in die Politik gehalten.

Andreas Schwendener:
Die apokalyptische Rhetorik ist zweifellos präsent, auch bei uns. Sie gehört jedoch seit 2000 Jahren zum Christentum, ist in der Prophetie der Heiligen Schriften angelegt. Gott kommt am Tag aller Tage und wird die Selbstherrlichkeit der Menschen richten. Mit dem Tod und der Auferstehung Jesu ist die Zeit Null zwar bereits angebrochen, doch bleibt Zeit, damit sich der Neuanfang auch in der Welt auswirken kann.»

Spät am Abend habe ich meine Mails angeschaut. Da waren einige private Reaktonen und zwei inhaltliche zum Streitgespräch: eine aus Deutschland, eine aus dem Kanton. Und ich erhielt die Mails zu einem Disput über den göttlichen Krieger, auf den ich noch zurück kommen will.
In der Statistik der Website-Besuche sehe ich, dass der Durchschnitt von 30 Besuchen im Tag auf 100 Besuche am Montag gestiegen war.

 

Dienstag, 6. März, 2007

Der göttliche Krieger in Apokalypse 19

Gestern Nacht hatte ich noch ein interessantes Gespräch mit Frank Jehle über das Thema des Tagblatt-Artikels. Frank Jehle, emeritierter Pfarrer an der Universität St.Gallen, hat den Vortrag der Trimondis in St.Gallen besucht. Er hat den Referenten die theologische Arbeit an der Apokalypse ans Herz gelegt, hat er doch vor Jahren einen Beitrag zu einem Buch für die feministische St.Galler Theologin Schüngel-Straumann geschrieben, und zwar über den «Göttlichen Krieger» in Apk. 19, also den kriegerischen Endzeit-Mmessias – das Reizthema der Trimondis. Darin versucht Frank Jehel diese gewalttätige Gestalt theologisch zu würdigen. >>> https://www.frankjehle.ch/Dateien/2005_Schuengel-Straumann.pdf
Diesen Text haben die Trimondis dann gelesen, sich durch die Lektüre in ihren Thesen aber nur bestätigt gefunden. Sie haben im Tagblattiterview die Vision eines friedlichen Endzeitmessias präsentiert, der als Alternative zum kriegerischen Messias aller Religionen gelten könnte. Ich selber stutzte beim Lesen dieser Passage, die so heisst:

«Victor Trimondi:
Es wäre schön, wenn diese Gespräche im Sinne eines humanen Christentums und toleranten Weltbürgertums fruchtbar wären. Ich habe da so meine Skepsis. Weshalb gibt es in den Endzeitvisionen nicht das Bild von einem pazifistischen und humanistisch eingestellten Messias, der mit einem Olivenzweig in der Hand und mit überzeugenden Worten den Menschen aller Religionen den Frieden bringt? Das wäre eine Apokalypse ohne Apokalypse, eine Offenbarung der Toleranz und Gnade ohne Weltvernichtung.»

Ist das Bild eines kriegenden Messias völlig absurd, gefährlich und zerstörerisch, also abzulehen, wie das Trimondis vertreten? Oder hat das Bild seine Berechtigung und tiefe Wahrheit?

Ich äusserte gestern gegenüber Frank Jehle, dass ein solch pazifistischer Messias belächelt, ja verspottet würde. Frank meinte dazu, dass diese Tatsche den Messias nicht disqualifizieren würde. Diese Bemerkung macht mich nachdenklich.
In der Tat wurde auch Jesus verspottet, gepeinigt und gekreuzigt. Das aber war die Mission des Messias im Fleisch, als reale Person auf Erden, so meine Argumentaton. Der himmlische Messias der Endzeit hat eine andere Erscheinungsweise, eine andere Mission. Er kommt nicht mehr im Fleisch, um den Weg zu offenbaren, sondern um die Welt im Bezug auf diesen Weg zu beurteilen und zu richten. Wie kann er da mit einem Ölzeig daherkommen und mit Appellen, den Frieden und die Liebe zu leben? Es ist am Ende der Zeit zu spät für diesen Apell. Jetzt wird abgerechnet, die Wahrheit kommt an den Tag. Alles Falsche und Gekünstelte lässt er zusammenfallen. Wenn er kommt, hat nur Bestand, was in und mit Gott ewig bleiben soll. Der Fall wird gross sein, auch die Zerwürfnis und die Gegenwehr.
Das ist gemeint mit dem himmlischen Krieger. Da geht es nicht um Konfessionen und Religionen, sondern um das, was von Menschen jeglicher Religion in der Welt an realer Zukunftskraft realisiert und empfangen wurde.
In meinen Auslegungen der Apokalypse bin ich noch nicht so weit – die systematische Erklärung des Textes hat noch zu warten. Ich bin im Studienurlaub nur bis zum 6. und 7. Kapitel gelangt. Da ist noch viel exegetische Arbeit gefordert.

 

 



 

 


 


 

 

 

 

 
 
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